Training & Wettkampf

Technik: Besser als Züge zählen, Frequenz ermitteln

Besser als Züge zählen: Frequenz ermitteln

Immer noch hört man sehr häufig die Aufforderung, die Anzahl der Züge zu minimieren, um die Phase des Gleitens noch besser zu erlernen. Doch Vorsicht: lang kann auch manchmal lang-sam bedeuten.

„Je weniger Züge ich pro Bahn benötige, umso besser kann ich gleiten!“ Diesen Satz hört man gar nicht so selten. Dahinter verbirgt sich ein Phänomen, das es in der Form eigentlich nur beim Schwimmen gibt. Der Begriff des Gleitens nämlich führt schnell mal in die Irre – genau dann, wenn man glaubt, durch eine lange Gleitphase die Geschwindigkeit aufrecht erhalten oder sogar steigern zu können. Da man ohne ein zuvor erzeugtes Tempo jedoch nicht gleiten kann, sind die Prioritäten klar gesetzt. Eine Qualitätsaussage nach dem Schema „wie viele Züge benötigt man pro Bahn“ ist deshalb nicht mehr als die oft zitierte pi-mal-Daumen-Aussage.

Denn: es macht einen großen Unterschied, ob man 36 Züge für 50 Meter benötigt und, wie Olympiasieger Florent Manaudou, diese Strecke in knapp 21 Sekunden bewältigt oder man 42 Sekunden benötigt. Dann nämlich dauert der Zug im Vergleich zum Topschwimmer doppelt so lang. Eine gute Technik lässt sich aus diesen Daten jedenfalls nicht heraus lesen, allenfalls vermuten.

Erst Tempo, dann gleiten

Vor dem Gleiten steht deshalb immer die Erzeugung von Geschwindigkeit. Ist dies geschehen und es gelingt, gleichzeitig eine gute Wasserlage einzunehmen sowie wenig Widerstände zu bilden, stellt sich ein Gefühl des Gleitens ein. Doch wie schafft man es, das optimale Maß aus Zugzahl, Bewegungsfrequenz und allen anderen Faktoren herzustellen?

Die Messung der Frequenz spielt im Schwimmsport dafür eine herausragende Rolle. Da jeder Mensch anders disponiert ist, über unterschiedliche Hebel verfügt und auch muskulär sehr individuell ausgestattet ist, kann man auch in Bezug auf die Höhe der Zugzahl nur grobe Pauschalwerte nennen. Umso mehr macht es deshalb Sinn, die individuelle Frequenz regelmäßig zu messen, um möglichen Technikfehlern frühzeitig auf die Schliche zu kommen oder auch Leistungspotenziale zu erkennen. Denn, nur die Frequenzwert gibt tatsächlich Aufschluss über die Geschwindigkeit der Armbewegung. Z.B. kann sie die Frage beantworten, wie viel Zeit ich für einen Zug benötige. Zähle ich jedoch nur die Züge pro Bahn, fehlt genau diese, aber sehr entscheidende Komponente.

Im Schwimmen misst man die Frequenz im Regelfall in Zyklen pro Minute. Ein Zyklus umschreibt eine komplette Bewegung der linken und rechten Körperhälfte. Beim Kraul- und Rückenschwimmen bilden folgerichtig ein linker und ein rechter Armzug gemeinsam einen Zyklus. Möchte man die Anzahl der Züge pro Minute ermitteln, multipliziert man den Frequenzwert deshalb einfach mit dem Faktor zwei. Bei den Gleichschlagschwimmarten Brust und Delfin bildet der Frequenzwert einen gemeinsamen Zyklus beider Arme ab.

Frequenz sagt mehr als Anzahl der Züge

Die Messung der Bewegungsgeschwindigkeit gibt ein deutlich besseres Abbild der koordinativen Aspekte ab als lediglich die Züge pro Bahn zu zählen. Schließlich besitzt die reine Beobachtung der Zugzahl pro Bahn keinerlei qualitative Aspekte. Damit gibt dieser Wert keinerlei Hinweise auf die Güte der Vortriebsaktionen. Es ist nicht mehr als eine Schätzung!

Besser also: Bestimmen Sie einen wirklich hilfreichen Wert deshalb entweder mit einer speziellen Frequenzuhr oder mit einer Stoppuhr, indem Sie drei komplette Zyklen stoppen und den Wert durch 3 teilen. Wenn Sie nun 60 durch diesen Zykluswert teilen, haben Sie die Zyklen pro Minute ermittelt. Wählen Sie immer drei Zyklen als Messgrundlage, um Schwankungen im Stoppen der Zeit zu minimieren. Ein Beispiel für eine Frequenz von 40 Zügen pro Minute im Kraul- oder Rückenschwimmen:

Gemessene Zeit für drei Zyklen: 4,50 Sekunden

Ermittlung des Zykluswertes: 4,5 / 3 = 1,50 (Sekunden/Zyklus )

Ermittlung des Frequenzwertes: 60 / 1,5 = 40 (Zyklen pro Minute)

Optimale Frequenz immer individuell

Mit diesem Wert haben Sie nun eine qualitative Aussage. Nämlich wissen Sie nun, mit welcher Bewegungsgeschwindigkeit ein Sportler schwimmt. Schwimmt er deutlich niederfrequent, gibt das Hinweis auf einen technisch unsauberen oder zu langen Zug oder beispielsweise einen Kraftmangel. Liegt die Frequenz hingegen übermäßig hoch, kann die Ursache in einem zu kurzen Unterwasserzug oder in einem Ausweichen des Drucks liegen. Gehen Sie diesen Möglichkeiten auf den Grund und versuchen Sie, die individuell optimale Frequenz zu ermitteln. Und denken Sie immer daran, die verschiedenen Messungen mit einer qualitativen Aussage zu koppen. Schwimmen Sie deshalb eine klar definierte Strecke nach Zeit und setzen Sie die Frequenzwerte in diesen Kontext.

Tabelle für Kraul und Rücken:

Züge/Minute      Sekunden/Zyklus           Sekunden/Zug

25                               2,40                                        1,20

30                               2,00                                        1,00

35                               1,71                                        0,86

40                               1,50                                        0,75

45                               1,33                                        0,67

50                               1,20                                        0,60

55                               1,09                                        0,55

60                               1,00                                        0,50

(Von Holger Lüning)

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