Wissenschaft

Studie: Start-, Wenden- und Anschlag-Leistung bei Eliteschwimmern

Wie beeinflussen die Rennabschnitte die Gesamtleistung?

Stärken- und Schwächen-Analyse für alle Leistungsklassen notwendig

Es gibt unterschiedliche Strategien, um ein schnelles Rennen zu absolvieren. Neben der Vortriebsarbeit der Arme und Beine sind vor allem die Rennabschnitte interessant, bei denen ein sehr hohes Tempo erzielt wird. Das höchste Tempo wird durch den Startsprung realisiert, weshalb eine möglichst lange Aufrechterhaltung und folglich eine Verschiebung des Tempoverlusts angestrebt werden sollte. Das kann man z.B. durch eine längere Unterwasserphase per Delfinkick – jedoch nur, sofern man diese Phase individuell gewinnbringend nutzen kann. Und diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten.

Genauso individuell ist die Qualität der Wendentechnik in Bezug auf das offensive Anschwimmen, eine gewandte Drehung sowie eines kraftvollen Abstosses inklusive einer effektiven Unterwassertechnik. So gesehen ist die Wende eine sehr komplizierte Angelegenheit, der Augenmerk im Training geschenkt werden darf.

Hier ein Artikel zum Thema > KLICK 

Die dritte, in der vorliegenden Studie untersuchten, Phase betrifft das Anschlagverhalten. Darunter ist das antizipierte Anschwimmen gemeint, mit dem man die Zuglänge und -frequenz auf einen optimalen Anschlag abstimmt. Auch hier können Rennen gewonnen und verloren werden. Wir haben uns deshalb diese Studie angesehen und kurz zusammengefasst.

Titel der Studie

Comparison of the start, turn and finish performance of elite swimmers in 100 m and 200 m races

Autoren: Marinho, D. A., Barbosa, T. M., Neiva, H. P., Silva, A. J. & Morais, J. E. (2020)

Erschienen: Journal of Sports Science & Medicine, 19, 397-407

Ziel der Studie

Das Hauptziel dieser Studie war es, die Start-, Wende- und Zielleistung von 100-m- und 200-m-Wettkämpfen in den vier Schwimmarten bei Elite-Schwimmern beiderlei Geschlechts zu vergleichen.

Methode und Inhalt

Die Leistungen aller 128 Finalisten (64 Männer und 64 Frauen) der 100-m- und 200-m-Events bei einer großen Meisterschaft wurden analysiert. Eine Reihe von Variablen in Bezug auf Start, Wende und Ziel wurde bewertet.

Das Finish hatte einen signifikanten und moderaten Race-Effekt beim Schmetterlings- und beim Brustschwimmen (Frauen). Es wurde festgestellt, dass die Unterwasservariablen (Tauch- und Übergangstechnik) die Hauptursachen für einen schnelleren Start sind.

Für das Finish wurden gemischte Ergebnisse beobachtet. Es kann vermutet werden, dass die Unterwasserarbeit die Hauptdeterminante beim Starten war, während die Qualität der Zugbewegung die Hauptdeterminante beim Wenden war.

Empfehlung der Autoren

Daher wird den Trainern empfohlen, sich auf solche Rennphasen zu konzentrieren, um die gesamte Rennzeit zu optimieren. Ein signifikanter und moderater Renneffekt wurde bei den Hauptstart- und Wendeergebnissen zwischen 100- und 200-Meter-Rennen bei beiden Geschlechtern beobachtet. Die Startzeit von 15 m hing hauptsächlich mit der Unterwasserstrategie zusammen. Es wurden nicht signifikante Unterschiede zwischen den Rennen in der Wenden-Unterwasserstrategie beobachtet, sodass Ein- und Auftauchtechniken (5 m in und 15 m out) die Hauptursachen waren. Schwimmer sollten nur dann eine längere Unterwasserphase durchführen, wenn sie in der Lage sind, eine hohe Geschwindigkeitsverschiebung aufrechtzuerhalten.

Unsere Anmerkung

Ein Rennen beginnt mit dem Start und damit einhergehend mit der absolut höchsten Geschwindigkeit, die man während des gesamten Rennens realisieren kann. Die Konservierung dieses enorm hohen Tempos sollte die Hauptaufgabe sein. Das bedeutet, Blockabdruck & Flugphase sowie den Eintauchwinkel zu optimieren und die Unterwasserstrategie bis hin zum Breakout, dem Durchbrechen der Wasseroberfläche,  zu trainieren. Dieser zeitliche Vorteil dokumentiert sich nicht nur in der 15m-Zeit, sondern setzt sich über die folgende Strecke fort. Einfach gesprochen: wer bei 15m noch immer ein hohes Tempo hat, wird auch bei der 20m-Marke einen Vorteil haben. Mitunter denkt man zu sehr an die einzelnen Abschnitte und weniger an die Folgeeffekte, die es zu transferieren und möglichst lange aufrechtzuerhalten gilt. Gleiches trifft auf die Wendentechnik zu. Je höher das Abstosstempo ist und je geschmeidiger der Übergang in die Gesamtbewegung, umso höher ist das Ausgangstempo. Und diese Effekte betreffen Sportler jeder Leistungsklasse! Ein exzellentes Beispiel ist die Unterwasser- und Breakout.-Phase des besten Starters de Welt, Caeleb Dressel.

Welche Vorteile er sich bis 15 Meter erarbeitet und welche Technik dahintersteht, erfahren Sie in dem Artikel

Breakout-Analyse von Caeleb Dressel – der beste Start der Welt > KLICK