Wissenschaft

Psychologie: Punktlandung statt Trainingsweltmeister

Von Trainingsweltmeistern und der Punktlandung

Manchmal sind Trainer regelrecht verzweifelt und viele Sportler verstehen die Welt nicht mehr. Nämlich dann, wenn es zu einem wiederkehrenden Phänomen kommt: die ungenügende Umsetzung von Trainingsleistungen in optimale Wettkampfergebnisse. Wir begeben uns auf eine Ursachensuche.

Einen der schlimmsten Sportmomente erlebte der deutsche Schwimmsport 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. Der damals 21-jährige Thomas Fahrner geht als Favorit in den Vorlauf über 400m Freistil. Und dann passiert das Unglaubliche: Fahrner schrammt knapp am A-Finale vorbei. Vorbei auch alle Medaillenchancen! Im abendlichen B-Finale, das als Aufgalopp für die entscheidenden Endläufe stattfindet, aber für die Endergebnisse keinerlei Bedeutung hat, schwimmt der Deutsche Olympiarekord und damit schneller als der spätere Olympiasieger. George DiCarlo wird wenige Minuten später der umjubelte Olympiasieger.

Ein Jahrzehnt später erlebt Franziska Van Almsick fast ein ähnliches Fiasko bei der WM 1994 in Rom. Lediglich der Startverzicht von Dagmar Haase sicherte Van Almsick mit viel Glück den Platz im Finale und schließlich den WM-Titel in Weltrekordzeit über 200 Meter Freistil.

Warum „funktioniert“ der Sportler manchmal nicht?

In solchen Momenten fragen sich Trainer wie Athleten, wie so etwas passieren kann. Warum „funktioniert“ der Sportler nicht, wenn es drauf ankommt?

Und bei diesen Beispielen handelt es sich nur um wenige prominente Beispiele. Szenarien, die aber jedes Wochenende bei vielen kleinen Sport-Wettkämpfen wiederkehren. Und für jeden einzelnen Sportler, ganz gleich ob Bezirks- oder Vereinsmeister, bedeutet dies ein nachhaltiges und negatives Erlebnis.

Think Positive hört man dann immer wieder. Ein Slogan, der fast schon abgedroschen klingt, weil Niemand so recht weiß, wie sich das in der Praxis anfühlen muss. Vielen Trainern und Sportlern fehlen vielleicht auch der Zugang und der Glaube an die Macht der Gedanken. Dabei steckt hier tatsächlich ein Energiepool von enormer Wirkungskraft.

Kraft der Gedanken

Ein eindrucksvolles Untersuchungsergebnis gibt Aufschluss über die Kraft der Gedanken. Die Universität in Arizona untersuchte dieses Phänomen und forderte Weiße und Schwarze zu einem Golfspiel auf. Ziel sollte es sein, festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Hautfarbe und dem sportlichen Talent geben könne. Genauso wurde es den Probanden auch mitgeteilt. Am Ende dieser Untersuchung lag die Gruppe der schwarzhäutigen Menschen deutlich vor denen der weißen.

In einem zweiten Versuch und einem vergleichbaren Untersuchungsaufbau, änderte man lediglich die Formulierung des Untersuchungsziels. Dieses Mal wolle man feststellen, ob die Weißen oder die Schwarzen die besseren Strategen seien und über die effektiveren kognitiven Fähigkeiten verfügen. So jedenfalls lautete das offizielle Untersuchungsziel.

Obwohl die Aufgabe dieselbe und die Testgruppe vergleichbar war, änderte sich das Ergebnis deutlich. Plötzlich waren die Weißen in diesem Spiel überlegen und gewannen. Die Forscher folgerten daraus, dass die Umformulierung des Untersuchungsgegenstandes und die damit verbundene Erwartungshaltung allein, zur Umkehr des Ergebnisses führten. Das Spiel aber war das selbe!

Die Erwartungshaltung bestimmt das Ergebnis maßgeblich

Diese persönliche Erwartungshaltung und die Bewertung, die der Sportler einem Ereignis beimisst, entscheiden demzufolge über die persönliche Leistung. Die Kraft der Gedanken also! Was nichts anderes bedeutet, als dass ich mich als Sportler in einen optimistischen Zustand bringen muss, um eine optimale Leistung zu erbringen.

Die sogenannten Trainingsweltmeister haben im Regelfall eine positive, optimistische ja bisweilen begeisterte Haltung dem Training gegenüber – es geht ja quasi auch um nichts außer einem selbst. Der Wettkampf hingegen wird dann schnell zu einem überbewerteten Ereignis. Plötzlich spielen Erwartungen des Trainers, der Eltern, Freunde und des Umfelds eine entscheidende Rolle. Der Trainingsweltmeister tritt nicht nur für sich selbst an, sondern lädt zusätzliche Erwartungen auf seine Schultern. Das Ergebnis: er verliert seine Lockerheit!

Think Positive ist folgerichtig nicht nur ein inhaltsleerer Spruch. Es ist schon fast eine Grundhaltung, die über Erfolg und Misserfolg, über Freude und Ärger, über Glück und Verzweiflung entscheiden kann.

Und plötzlich sind wir wieder bei den ganz Großen des Sports und dem selbstbewussten Auftreten von Michael Phelps, Ryan Lochte oder Missy Franklin. „Just do it“ und „Yes, we can!“ steht bei den US-Amerikanern nicht nur für knackige Werbesprüche. Es ist eine Grundhaltung, die andere Schwimmnationen immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringen kann. In anderen Sportarten spricht man dann gerne vom Killerinstinkt. Also der Fähigkeit, im richtigen Moment das Richtige zu tun.

Verändern Sie die Erwartungshaltung

Doch das können Sie auch! Als Sportler wie auch als Trainer sind Sie in der Lage, Ihre Ausgangsposition oder die Ihrer Schützlinge entscheidend positiv zu prägen.

Schon selbst auferlegte äußere Merkmale und Verhaltensweisen können die innere Haltung zu einem Wettkampf beeinflussen. Mit einem Lächeln den kommenden Aufgaben entgegen zu sehen, führt zu nämlich nicht nur vor dem Spiegel zu einer Veränderung, sondern auch in vielen physiologischen Abläufen zu verbesserten Abläufen. So optimiert sich der Muskeltonus, die Ausschüttung von Stresshormonen wird gedrosselt oder auch die sensomotorischen Fähigkeiten werden verfeinert.

Im besten Fall sind Sie als Sportler in einer zuversichtlichen Grundstimmung und gleichzeitig im besten Sinne egoistisch. Nämlich dann, wenn Sie wissen, dass es bei einem Wettkampf nur um eine Person geht: und das sind Sie! Dann sind Sie die Person, die mittels einer optimalen Erwartungshaltung über den Ausgang der persönlichen Leistung entscheidet.

Oder um es in einem Sprichwort zu sagen:

„Es ist egal, ob du glaubst es schaffen oder nicht. Du wirst immer Recht behalten.“

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