Masterssport: Geheimwaffe KRAFT
Mastersschwimmer: Geheimwaffe Kraft?
Deshalb lohnt sich der Griff zur Hantel
Es hört sich nach nicht viel an, wenn man in den Statistiken über die Entwicklung der menschlichen Kraft blättert. Dort liest man von einem durchschnittlichen jährlichen Verlust an Maximalkraft von ungefähr 1.5 Prozent ab dem 30. Lebensjahr. Rechnet man das aber einmal hoch, wird die Tragweite dieses Wertes jedoch mehr als deutlich.
Für den Masterssport ergibt sich daraus nämlich ebenfalls eine Konsequenz (siehe auch Artikel Leistung und Alterungsprozess). Auch wenn der sportlich ambitionierte Schwimmer längst nicht mit derart hohen Verlustquoten kämpfen muss, so man sich über eines bewusst sein: man muss sich diesem Trend stellen, ganz gleich wie sportlich man ist. Und wenn man sich die Belastungsstruktur im Schwimmen ansieht, wird ein weiterer Aspekt sehr deutlich: mit Ausnahme der Strecken ab 400 Metern ist eine der leistungsentscheidenden Fähigkeiten die Maximalkraft. Streckenlängen über 50, 100 oder 200 Meter mit Belastungszeiten von maximal drei bis vier Minuten stellen hohe Anforderungen an die Kraftausdauer. Und weil in diesem Begriff schon die beiden Komponenten Kraft und Ausdauer enthalten sind, gilt es, sich auch im Training damit auseinander zu setzen.
Kraftausdauer vorherrschend
Die Ausdauer ist gewöhnlich das herausragende Element im Training eines Schwimmers. Da werden Intervall- und lange Dauerserien geschwommen, die für die Entwicklung des Herz-Kreislauf-Systems und anderer Parameter ideal geeignet sind. Geht es darum, die Fähigkeit der Kraftausdauer im Wassertraining zu verbessern, muss es schon etwas härter zur Sache gehen. Dann nämlich werden die Serien kürzer, die Pausen länger und die produzierten Laktatwerte deutlich höher. Das fühlt sich dann zwar recht mühsam und mitunter unkomfortabel an, ist aber das vorherrschende Trainingsmittel für die Entwicklung der Kraftausdauer. Das Training der Kraftausdauer (KA) oder auch Schnelligkeitsausdauer (SA – bis ca. 35 Sekunden mit Höchsttempo) beschränkt sich auf Distanzen bis maximal 200 Meter, tendenziell aber eher bis 100 Meter, da bis zu dieser Marke auch die Intensität sehr hoch gehalten werden kann. Wichtiges Merkmal dieses Trainings sind entweder sehr lange Pausen bis zur submaximalen oder sogar maximalen Erholung oder sogenannte Wettkampf-Simulationen (SA), bei denen die angestrebte Wettkampfstrecke in Teile (z.B. 4x25m, 8x25m, 4x50m) gebrochen und mit kurzen Pausen versehen wird.
Klassische Serien wie 8×50 Meter mit zwei Minuten Pause oder 4-6x 100 Meter mit fünf Minuten Pause in maximalem Tempo reichen dann schon sehr stark an die im Wettkampf erforderlichen Stoffwechselbelastungen heran. Hier steht die Intensität also ganz klar im Fokus der Aufgabe.
Vorschau: Am kommenden Montag, den 5.11. erscheint mit Trainingsplan #66 ein Paradebeispiel für ein Trainingsprogramm mit der genannten Zielrichtung, das wir als Grundidee von Olympiasieger Ryan Lochte genommen haben und vom zeitlichen Umfang her etwas modifiziert haben. Ein echtes Motivationsprogramm!
Kraft trainiert man besser an Land
Eine weitere Möglichkeit, die Komponente Kraft aus dem Begriff „Kraft-Ausdauer“ zu trainieren ist das Landtraining. Beim Training an und mit Geräten kann die Intensität der erforderlichen Muskelkraft sehr fein dosiert und gesteuert werden. Viel besser sogar, als das im Wasser möglich ist. Schließlich können Sie im Wasser derart hohe Kraftanforderungen nicht erzielen, wie sie zur Entwicklung der Maximalkraft notwendig sind. So können Sie mit der Methode 5×5 (fünf Serien à fünf Wiederholungen mit ca. drei Minuten Pause), bei der Sie die letzten Wiederholung gerade noch oder auch nicht schaffen können sollten, optimale Verbesserungen erzielen. Im Wasser wären Belastungsintensitäten, die maximal fünf Zügen ermöglichen, gar nicht realisierbar. Doch genau dieser hohe Reiz ist notwendig, um die Muskulatur zu einer Anpassung zu bewegen.
Klick > Artikel „Einführung in das Krafttraining für Schwimmer“
Gehen Sie deshalb ab und zu in das Fitness-Studio oder in den Kraftraum Ihres Vereins. Lassen Sie sich dort von einem Trainer anleiten, um keine Fehlhaltungen einzunehmen und lassen Sie sich zwei Wochen bei niedrigen Intensitäten Zeit, um zunächst eine gute Kraftbasis aufzubauen und die neuen koordinativen Muster zu automatisieren. So verhindern Sie einen unangenehmen Muskelkater gleich zu Beginn Ihrer neuen Trainingsstrategie. Denn besonders die Strukturen von Sehnen und Muskeln müssen sich anfangs an die ungewohnten Belastungen erst einmal gewöhnen. Das erreichen Sie durch niedrige Gewichte bei steigenden Wiederholungszahlen. Im Anschluß daran erhöhen Sie sukzessive die Lasten und reduzieren dabei die Wiederholungszahlen. Mit diesen Grundregeln sollte der Einstieg in das Krafttraining erfolgreich gelingen.
Schnelle Anpassungen möglich
Interessant wird es nach ungefähr drei bis vier Wochen regelmäßigen Krafttrainings. Nicht nur, dass Sie nach anfänglichem Muskelkater dann wieder „normal“ schwimmen können. Vielmehr werden Sie vermutlich in der Lage sein, schon im Training bessere Leistungen zu vollbringen. Diese erste Anpassungsphase erstreckt sich im Regelfall über einen Zeitraum von 6 Wochen. Die zunehmende Kraft als bisher limitierender Faktor erlaubt Ihnen dann, auch im Wasser höhere Tempi und Intensitäten anzuschlagen. Damit erzielen Sie eine Doppelwirkung, weil auch das Wassertraining kontinuierlich an Qualität gewinnt. Und selbst weit nach dem 30. Geburtstag sind somit noch teilweise spektakuläre individuelle Leistungsfortschritte oder die Rückkehr zu längst verloren geglaubten Wettkampfzeiten durchaus möglich.