Training ab 40: Erfolgreich das Training modifizieren
Wer die vierte Lebensdekade beendet hat, wird nicht selten mit den Worten konfrontiert: „Von nun an geht´s bergab!“ Rein statistisch gesehen mag das schon stimmen. Doch eine andere Weisheit besagt: „Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast!“ Wir hätten da einige Strategien parat, die Sie zum Fälscher im besten, und eigenen, Sinne machen.
Von Holger Lüning
Der Alterungsprozess stellt im Zusammenhang mit einer sportlichen Leistung gewiss ein Problem dar. Faktisch betrachtet, arbeitet die Zeit gegen uns. Das kann ein Problem sein, muss es aber nicht! Nähert man sich dem Begriff des Problems, dann findet man in der Psychologie drei bewährte Problembewältigungsstrategien: ignorieren, akzeptieren oder ändern. Sicher sind Ihnen einige Zeitgenossen bekannt, die sich gerne in der Ignoranz ergehen oder den Prozess des Älterwerdens mit lapidaren Kommentaren abtun. Als Sportler werden Sie die Angelegenheit anders betrachten und genau wissen, dass proaktives Handeln in vielen Lebenslagen die besten Ergebnisse hervor bringen. Ändern heißt ja auch, Bestehendes infrage zu stellen oder auch den status quo nicht einfach so zu akzeptieren. Das ist die richtige Einstellung. Und nicht nur das, sie ist auch fundiert.
Zwar wird Ihnen gesagt, und schon wieder geht es um eine Statistik, dass Ihre Maximalkraft statistisch um 0.5 Prozent pro Jahr bereits ab dem 30. Lebensjahr nachlässt. Gerne übersieht man aber den Zusatz „sofern man dagegen nichts unternimmt“. Und wieder begegnet einem hier der Begriff des Änderns. Natürlich verlieren die Muskel-, Sehnen- und Bandstrukturen an Elastizität und damit tendenziell an Belastbarkeit. Dennoch können Sie wichtige Fähigkeiten, die für Sie als Triathleten wichtig sind, weiterentwickeln. Besonders übrigens dann, wenn Sie erst spät mit dem Sport begonnen haben. Gehen Sie davon aus, dass Sie nach Aufnahme des spezifischen Trainings immer noch an die zehn Jahre Leistungsentwicklung vor sich haben können. Selbst, wer mit 40 Jahren in das Training einsteigt, wird sich bis eine Dekade lang verbessern können. Solange benötigt der Organismus, um auf höchstem individuellen Niveau agieren zu können.
Zwei Fähigkeiten spielen dabei eine überragende Rolle, die Sie möglicherweise nicht im engsten Spektrum sehen würden: Maximalkraft und Schnelligkeit! „Wieso benötige ich Kraft und Schnelligkeit, wenn mein Wettkampf weit über eine Stunde bis teilweise über zehn Stunden andauert?“, hört man Sie schon innerlich fragen.
(Quelle: Kuno Hottenrott)
Vielleicht lässt es sich bildlich am einfachsten darstellen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten überragende Ausdauer- aber keinerlei Kraftfähigkeiten. Wären Sie dann in der Lage, überhaupt aufzustehen, geschweige denn eine Kurbel zu treten oder sich laufend nach vorne und oben zu katapultieren? Schwer vorstellbar, denn ohne Kraft geht gar nichts in unserem Leben. Tatsächlich ist die Kraft folgerichtig die Basisfähigkeit einer jeden Bewegung. Je sportiver der Bewegungsauftrag, umso wichtiger wird diese Komponente. In der Abbildung erkennen Sie deutlich, wie die Abhängigkeit der einzelnen Faktoren ausgerichtet ist. Möchten Sie sich als Athlet verbessern, müssen Sie zwangsläufig an den Kraft- und Schnelligkeitsfähigkeiten arbeiten, um sich weiterentwickeln zu können.
Damit Sie die Kraft zielgerichtet in Bewegung umsetzen können, benötigen Sie die passende Ansteuerung aus dem Gehirn. Hier kommt das Thema Schnelligkeit ins Spiel. Da der Muskel im Regelfall nur das tut, was ihm befohlen wird, ist die Kommunikation zwischen dem Gehirn und dem Leistungsmuskel von außerordentlicher Bedeutung. Je zielgerichteter und koordinativ optimierter dieser Vorgang abläuft, desto ökonomischer arbeitet der Muskel. Trainieren Sie also regelmäßig an den Schnelligkeitsfähigkeiten, so tunen Sie die Abstimmung dieser Abläufe.
Und plötzlich gewinnt der Begriff der Schnelligkeit im Triathlon eine völlig neue Bedeutung. Sind Sie nämlich in der Lage, die Arbeitsmuskulatur noch gezielter anzusteuern, so erwerben Sie sich damit für jeden Schwimmzug, jeden Pedaltritt und jeden Bodenabdruck eine bessere Technik. Plötzlich werden Ihre Kontaktzeiten mit dem Wasser, der Pedale und dem Boden dynamischer, damit schneller und auch im Hinblick auf mögliche Verletzungen deutlich weniger belastend für den Bewegungsapparat.
Bei einem Olympischen Triathlon mit einer Endzeit von 2:30 Stunden absolviert der Sportler beispielsweis über 20.000 dieser Kontakte (auf das Wasser, die Pedale und den Boden). Multiplizieren Sie einen Zugewinn an Dynamik und Technik bei jedem dieser kurzen Impulse, so ergibt sich plötzlich eine beeindruckende Zahl. Eine Zahl, die Ihnen den Zeitgewinn und das Potenzial des Schnelligkeitstrainings bewusst werden lässt.
Für Ihre Trainingspraxis ist ergänzend eine weitere wichtige Zahl von Bedeutung. Russische Forscher gingen der Frage nach, wie lange Trainingseffekte anhalten, bzw. als sogenannte Resteffekte im Organismus gespeichert werden, bevor es zu Leistungseinbußen kommt. Dabei hat das Training der Schnelligkeit die kürzesten Resteffekte von lediglich zwei bis maximal acht Tagen! Das Ergebnis dieser Studien zeigt deutlich, wie wichtig es ist, diese Fähigkeit das gesamte Jahr über zu trainieren. In Abhängigkeit der Trainingsphase können das kurze Sprints sein, um die Schnelligkeit zu erhalten. In anderen, speziellen Trainingsperioden hingegen, kann die Übungsdauer deutlich verlängert werden.
„Ändern“ heißt also die Devise der individuellen Trainingsstrategie in den vierziger Jahren. Bleiben Sie agil und flexibel in Ihren Bewegungen. Mit einem vorhandenen Fundament an Ausdauerleistungsfähigkeit kann die Integration von Schnelligkeitselementen langjährige Leistungsstagnationen effektiv beenden. Trauen Sie sich, den Satz „Qualität vor Quantität“ in die Tat umzusetzen und Sie werden sich selber neu beleben!
In der Trainingslehre beschreibt man explosive und hochintensive Belastungen mit einer Dauer bis in einen Bereich von ca. 12 bis maximal 15 Sekunden als Schnelligkeitsleistungen. Die dafür zuständigen Energieträger sind die energiereichen Phosphate Adenosintriphosphat (ATP) und Kreatinphosphat (KP). Zur Regeneration dieser Speicher und zur Wiederherstellung der Konzentrationsfähigkeiten sollten Sie zwischen den Wiederholungen aktive oder passive Pausen von zwei Minuten Länge einlegen. Beispiele für die Praxis:
Schwimmen:
4-8×100 Meter 15 oder 25m Sprint + 75m lockeres Schwimmen