Training & Wettkampf

Der hohe Ellenbogen: Prinzipien und Übungen

Mit großen Antriebsflächen schneller schwimmen

Hand- und Unterarmfläche miteinander verbinden

Dies ist der zweite Teil zum Prinzip des „Hohen Ellenbogens“, einem wichtigen Aspekt effizienter Schwimmtechnik.

Im ersten Teil haben wir die generelle Bedeutung für alle vier Schwimmarten thematisiert. Teil 1 noch nicht gelesen?

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Im nächsten Schritt der Überlegungen geht es nun darum, diese gemeinsame Fläche so zu positionieren, dass eine optimale Druckrichtung entsteht. Da die Beschleunigung des Körpers nach vorne erfolgt, sollte die Vortriebsaktion folgerichtig immer von vorne nach hinten gerichtet sein. Zwar mag dies wie eine Binsenweisheit erscheinen, doch ist die Umsetzung in der Praxis nicht so einfach wie es klingt.

Um all diese Voraussetzungen zu erfüllen, sollten die Antriebsflächen so früh wie möglich in einem Winkel zur Wasseroberfläche stehen, der bei mehr oder weniger 90 Grad liegt. Führt man die Flächen in dieser Stellung nach hinten, darf eine hohe Vortriebsleistung erwartet werden. Und nun kommt der hohe Ellenbogen ins Spiel!

Antriebsflächen optimal positionieren

Wollen Sie – und das können Sie an Land bestens nachahmen – möglichst früh eine möglichst große Fläche in einen optimalen Winkel stellen, so gelingt dies nur, wenn Sie den Ellenbogen hoch an der Wasseroberfläche führen. Mittels einer Beugung im Ellenbogengelenk können Sie dann die Antriebsflächen von Hand und Unterarm, mit den Fingerspitzen in Richtung Poolboden gerichtet, in einen rechten Winkel zur Wasseroberfläche führen. Die hohe Ellenbogenführung ist die Voraussetzung, diese Position zu realisieren!

Ziehen und schieben Sie die Antriebsflächen nun bis hinter die Schulterlinie, haben Sie die beste Vortriebswirkung erzeugt, um danach in den abschließenden Abschnitt der Unterwasserbewegung, die Druckphase, übergehen.

Das Anstellen des Ellenbogens ist jedoch nicht nur eine technisch-koordinative Herausforderung. Es handelt sich bei dieser Position gewissermaßen auch um einen Stütz. Und wie Sie es aus dem Trockentraining kennen, erfordert der Liegestütz auch entsprechende Kraftfähigkeiten, um einwandfrei durchgeführt werden zu können. Gehen wir doch gleich in einen kleinen Test!

Der Stütz an Land als Voraussetzung

Begeben Sie sich in eine Liegestützposition. Mit gestreckten Armen unter den Schultergelenken abstützend, ist diese Position energieschonend aufrecht zu erhalten. Doch schon eine kleine Beugung im Ellenbogengelenk führt zu einer signifikanten Veränderung. Imitieren Sie nun die hohe Ellenbogenführung, in dem Sie mit ganz leicht gebeugtem Ellenbogengelenk diese Stützposition halten und nun ganz langsam mit den Füßen nach hinten wandern. Auf diese Weise bewegen Sie bewegen sich Arme und Ellenbogen immer weiter nach vorne. Je weiter Sie in diese lang gestreckte Körperlage gehen, umso größer wird der Kraftaufwand!

Diese Übung zeigt deutlich, welch spezifische Kräfte notwendig sind, um den Ellenbogen in einer hohen Führung muskulär abzusichern. Haben Sie diese Kräfte nämlich nicht, stellt sich womöglich ein ungewolltes Szenario ein. Entweder fällt der Unterarm dann ich Richtung Poolboden oder er wird vom Ellenbogen einfach nach hinten gezogen. In beiden Fällen verlieren die Antriebsflächen ihre Position, um eine vortriebsrelevante Aktion durchführen zu können.

Das vorläufige Fazit lautet deshalb: das theoretische Wissen um den „hohen Ellenbogen“ ist das eine, die muskulären Voraussetzungen für die Durchführung das andere. Und so steigen wir am besten gleich ein, um die spezifische Muskulatur zu kräftigen.

Vorbereitung an Land für den Transfer ins Wasser

Das Training an Land ist hier zu bevorzugen, da es die Möglichkeit bietet, die Bewegung auf ihre Korrektheit hin zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Hier schaffen Sie die Voraussetzungen, um im Wasser die Bewegung bestmöglich umsetzen zu können. Das Training am Zugseil ist deshalb eine der wirksamsten Methoden!

Gehen Sie beim Training mit dem Zugseil immer in eine nach vorne gebeugte Körperposition, um die Zugrichtung der im Wasser anzugleichen und optimal zu imitieren. Beginnen Sie die Zugbewegung immer mit offenen Händen und niemals mit der festen Umklammerung der Schlaufe. Zugseile mit Handpaddles bieten ihnen hier eine sehr gute Führung.

Siehe Übungs-Video zum Zugseil-Training hier unten!

Nun können Sie ihre Bewegung visuell wahrnehmen und auf ihre Korrektheit hin überprüfen. Eine Chance, die Sie im Wasser nicht haben! Auch wenn das Zugseil-Training nicht zu den abwechslungsreichsten Methoden zählt, so darf man es zugleich aber zu den effektivsten zählen. Deshalb ist der Transfer dieses Landtrainings ins Wasser hinein auch sehr hoch.

Schwimm-Camps und Kraul-ABC-Einsteiger-Camps – mehr Infos mit einem klick auf das Motiv.

Das Schultergelenk stabilisieren

Im kleinen Stütztest haben Sie vielleicht auch erkannt, wie wichtig es ist, das Schultergelenk muskulär zu stabilisieren. Tatsächlich ist die Stabilität des Schultergelenks als Voraussetzung für eine kontrollierte Armhebelführung anzusehen. Sowohl die Rotatorenmanschette wie auch die das Schulterblatt stabilisierenden Muskeln sollten im Übungsprogramm berücksichtigt werden. Der Unterarmstütz in Kombination mit dem Liegestütz kann hier eine wichtige Basisübung darstellen, die Sie in ihr Trainingsprogramm integrieren sollten.

Im Wasser hingegen sind Sie vielmehr auf ihre kinästhetischen Fähigkeiten angewiesen. Denn leider haben wir hier nur ein sehr begrenztes visuelles Fenster und können den Großteil der Bewegung nur erfühlen und nicht sehen. Deshalb sind Übungen, die die hohe Ellenbogenführung trainieren, mit größter Sorgfalt durchzuführen. Zum einen sollten Sie mit hoher Konzentration an die Übung herangehen, sie mit größtmöglicher Präzision durchführen und dabei auch einen klaren Trainingseffekt planen.

Übungen für die hohe Ellenbogenführung

Ein Trainingseffekt stellt sich vor allem dann ein, wenn Sie eine genügend hohe Anzahl an Wiederholungen und innerhalb der Übung Variationen hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades einplanen.

Trainingsbeispiele:

6-10×50 Meter         Sculling-Übung im Brust-Armzug oder Wechselzug mit Kraul-Beinschlag bis zum Anstellen des Ellenbogens und dann zurück in die Streckposition.

6-10×50 Meter         Kraul-1-armig mit betonter Ellenbogenführung

6-10×50 Meter         Schwimmen mit Schwimmerschnorchel zur Zugbeobachtung

Für alle Übungen gelten die folgenden Variationen, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, die Muskulatur zu kräftigen oder auch verschiedene Tempoaufgaben bewältigen zu können.

Übungsvariationen:

Tempoerhöhung, Fingerpaddles, mit Bremsschirm, angebundenes Schwimmen am AquaGym (Gummiseil), Schwimmerschnorchel, Kurzflossen, Widerstandshose.

Beachten Sie bei der Durchführung von technischen Übungen auch immer den Aspekt, die spezifische Muskulatur zu trainieren. Eine technische Übung, die Sie in gemäßigtem Tempo und in zu geringer Anzahl absolvieren, kann nur den Anspruch einer Sensibilisierung erfüllen. Ein Trainingseffekt im Sinne einer muskulären Anpassung darf nur erwartet werden, wenn Sie die genannten Überlegungen in der Trainingsplanung berücksichtigen.

Vor dem Wassertraining programmieren

Zu Beginn einer Trainingseinheit bietet es sich an, die Koordination nochmals korrekt einzuprogrammieren. So können Sie mit einigen Zugseil-Übungen am Beckenrand das sensorische und koordinative System auf höchste Empfangsbereitschaft stellen. Nutzen Sie dann das Einschwimmen und das erste Viertel bis Drittel ihrer Trainingseinheit auch dazu, die Zielbewegung z.B. in Einzelsegmente zu zerlegen und moderate Tempoaufgaben zu Beginn mit dem Anspruch an die technische Präzision durchzuführen.

Der hohe Ellenbogen genießt in der Schwimmwelt zurecht einen hohen Stellenwert. Es handelt sich dabei nicht um eine technische Feinheit, sondern vielmehr um eine Voraussetzung, um die vorhandenen Möglichkeiten und Potenziale in ein individuell hohes Schwimmtempo zu überführen. Legen Sie ihr Augenmerk deshalb auch verstärkt auf die muskulären Voraussetzungen, um die Technik exakt so umzusetzen, wie Sie sich das schon immer vorgestellt haben.

Zugseil-Training: How to do!

Mit einem Klick auf das Motiv startet das Video. Mehr als 200 Video stehen in unserem Youtube-Kanal > KLICK

von Holger Lüning

Titelfoto aus dem Youtube-Video > https://www.youtube.com/watch?v=SONx52cyltI