Wissenschaft

Blockperiodisierung 2/2: Trainingsperiodisierung in der Praxis

Tipp: Teil 1 des Artikels schon gelesen? Wenn nicht, hier klicken!

Das Prinzip der Blockperiodisierung basiert auf dem konzentrierten Training einzelner motorischer Fähigkeiten. Die erfolgreiche Anwendung im Ausdauersport zeugt von der Wirksamkeit dieser Methode. Erfahren Sie nun als Fortsetzung unseres ersten Teils, wie Sie Ihr Training erfolgreich auf die Blockperiodisierung umstellen.

Von Holger Lüning

Letzter Absatz aus Teil 1:

… Sportler wie Langstreckenschwimmer Vladimir Salnikow, Stabhochspringer Sergej Bubka oder Schwimm-Olympiasieger Alexander Popov sind nur einige herausragende Namen aus dem Reigen der Athleten, die schon in den 80er- und 90er-Jahren erfolgreich nach dem Prinzip der Blockperiodisierung trainiert haben. Russische Forscher entwickelten dieses Trainingssystem, nachdem sie erkannten, dass das klassische Modell ihrer Ansicht nach zu viele Schwachstellen aufwies.

Vladimir Issurin, einer der Begründer der Blockperiodisierung, kritisiert das klassische Modell vor allem wegen der Vermischung von vielen Trainingsmethoden. Zudem würde durch die enorme Länge der Trainingsphasen die Gefahr einer falschen Trainingsbelastung entstehen. Seiner Ansicht nach sollten Trainingsphase von kürzerer Dauer und sehr klar ausgerichteten Trainingsformen zu besseren Anpassungen führen. … ab hier weiter mit Teil 2

Konzentrierte Trainingsblöcke

Kurze konzentrierte Trainingsblöcke von 2-4 Wochen Länge und einer minimalen Anzahl an Trainingszielen spiegeln das Grundprinzip seines Modells wider. Innerhalb eines Trainingsblocks entfallen deshalb 60 bis 70% des gesamten Umfangs auf maximal zwei klar definierte Trainingsziele. Der Rest des Trainings besteht aus Aufwärm-, Erholungs- und Cool-Down-Maßnahmen.

Eine klassische Blockperiodisierung verläuft über ungefähr 8-10 Wochen (= Abschnitt). Innerhalb dieses Abschnittes unterscheidet man drei Mesozyklen. Der erste Zyklus (Aufbau), bestehend aus zwei Trainingsblöcken, erfolgt über 12-30 Tage und dient der Entwicklung allgemeiner und spezifischer Fähigkeiten. Daran schließt sich der zweite Mesozyklus (Umwandlung) mit einer Dauer von 12-25 Tagen an, der ebenfalls zwei Trainingsblöcke enthält. Der abschließende Mesozyklus (Umsetzung) verläuft über 8-15 Tage und beinhaltet lediglich einen Block, der zur Festigung des Leistungsvermögens und zur Entwicklung der Wettkampfform dient.

Resteffekte die Grundlage der Planung

Grundlage dieser zeitlichen Einteilung sind Issurins Forschungsergebnisse zu den sogenannten Resteffekten sportlichen Trainings. Aus den Resteffekten des Trainings könne man einerseits erkennen, wie lange Trainingseffekte „gespeichert“ werden und wann sie durch ein Trainings wieder wirkungsvoll angesprochen werden sollen oder sogar müssen. Mit diesem Wissen beugt man Überlastungen vor und sichert, so die russischen Forscher, den zeitlich optimierten Einsatz von Trainingsreizen.

In einem Jahrestrainingsplan ergeben sich aus den zeitlichen Vorgaben somit bis zu 5 Trainingsabschnitte. Je nachdem wie lange Sie Ihre Off-Season planen, können sich hier natürlich individuelle Unterschiede ergeben.

Wenn Sie nun Ihre eigene Jahresplanung vornehmen wollen, fangen Sie am besten mit der Festlegung Ihres persönlichen Wettkampfhöhepunktes an. Von Ihrem wichtigsten Wettkampf rechnen Sie nun zurück und definieren die einzelnen Abschnitte. Nun erkennen Sie auch sehr schnell, zu welchem Zeitpunkt Sie wahrscheinlich nicht in Höchstform antreten werden können und zu welchem Zeitpunkt ein weiteres Top-Ergebnis platziert werden kann.

Neues Periodisierungsmodell

So kann auf einmal auch die Aneinanderreihung von zwei Wettkämpfen innerhalb zwei Wochen sehr gut in Ihre Saisonplanung passen.  Die Top-Athleten in der winterlichen Weltcup-Serie, allen voran die Ungarin Katinka Hosszu, zeigen, dass dies möglich ist. Und die gute Nachricht für Sie: das ist keine Frage der Leistungsfähigkeit sondern eines durchdachten Saisonaufbaus!

Haben Sie den Jahresplan entworfen, werden Sie die verschiedenen Trainingsabschnitte mit Inhalten füllen wollen. In einem Jahrestrainingsplan für den Schwimmsportkonzentriert sich die Wettkampfperiode naturgemäß auf die Sommermonate. Deshalb lassen sich die Abschnitte wie folgt aufteilen.

 

Trainingsabschnitt 1: Sep/Okt/Nov

Trainingsabschnitt 2: Dez/Jan/Febr

Trainingsabschnitt 3: März/Apr/Mai

Trainingsabschnitt 4: Jun/Jul

Trainingsabschnitt 5: Aug/Sept

 

Nun gilt es, die einzelnen Trainingsabschnitte mit klar definierten Inhalten zu füllen. Innerhalb eines Trainingsabschnittes finden sich drei Mesozyklen. Die inhaltliche Gestaltung folgt klaren Vorgaben und kann wie folgt beschrieben werden.

Mesozyklus 1: Aufbau (12-30 Tage)

Anhäufung von Trainingsreizen

Grundlegende motorische und technische Fähigkeiten

Trainingsziele: Aerobe Ausdauer, Maximalkraft, Technik, koordinative Fähigkeiten, Beweglichkeit,Extensives Intervalltraining & Dauermethode, alternative Sportarten wie Skilanglauf, Trainingslager-Aufenthalt

Mesozyklus 2: Umwandlung (12-25 Tage):

Umwandlung zu spezifischem Leistungsvermögen

Spezifische motorische, konditionelle und technische Fähigkeiten

Trainingsziele: Anaerobes Leistungsvermögen, spezifische Kraftausdauer, Intensives Intervalltraining, Wiederholungsmethode, Technikverfeinerung, Koppeltrainings, Tempoläufe, Trainingslager-Aufenthalt

Mesozyklus 3: Umsetzung (8-15 Tage):

Festigung des Leistungsvermögens und Formzuspitzung

Unmittelbare Wettkampfvorbereitung und Tapering

Trainingsziele: Erholung, Schnelligkeit, Aufmerksamkeit, Leistungswillen, Intensives Intervalltraining, Wiederholungsmethode, Wettkampfteilnahme,

Das Blocktraining steht zwar in seiner Grundtheorie der klassischen Trainingsorganisation entgegen, dennoch bedient es sich in der inhaltlichen Gestaltung den definierten Trainingsbereichen der Trainingswissenschaft. Auch die Trainingsmethoden nach der Dauermethode (z.B. lange Läufe), dem extensiven und intensiven Intervalltraining (z.B. Tempowechseltraining), der Wiederholungsmethode (z.B. Schnelligkeitstraining) oder mit regenerativen Zielsetzungen entsprechen denen der aktuellen Trainingsliteratur. Somit können Sie Ihr bisheriges individuelles Trainingsregime in der Blockperiodisierung durchaus fortführen – nur die zeitliche Aufteilung erfährt nun eine deutliche Änderung.

Haben Sie nun Ihre Trainingsplanung von der Jahresplanung zu den einzelnen Trainingsabschnitten und den darin enthaltenen Mesozyklen und Blöcken vorgenommen, geht es nun in die Feinplanung der Wochengestaltung. Gerade innerhalb dieses kurzen Zeitraums ist es bei den sehr konzentriert gerichteten Trainingszielen wichtig, dass Sie eine gute Balance aus Be- und Entlastung finden, also eine gute Mischung aus intensiven und regenerativen Inhalten. Ein Wochenverlauf, den man häufig vorfindet, ist der des verstärkten Wochenendtrainings. In diesem Fall würde eine Trainingswoche nach dem folgenden Schema strukturiert sein.

Montag: Ruhetag oder Regenerative Inhalte

Dienstag: Mittelhohe Anforderung (Vorbereitende Inhalte)

Mittwoch: Hohe Anforderung (Schlüsseleinheit)

Donnerstag: Geringe Anforderung (Regenerative Inhalte)

Freitag: Mittelhohe Anforderung (Vorbereitende Inhalte)

Samstag: Hohe Anforderung (Umfangsorientierte Inhalte)

Sonntag: Hohe Anforderung (Schlüsseleinheit)

Verstehen Sie den Begriff Anforderung als Hinweis darauf, welche Schwerpunkte Sie in der Woche setzen. Das können beispielsweise hohe Volumina an Training (Grundlagenausdauer) oder sehr intensive Beanspruchungen (Anaerobe Ausdauer) bei hohen Anforderungen sein. Für eine individuelle Gestaltung einer Trainingswoche mit einem abweichenden Verlauf, sollten Sie zuerst die Schlüsseleinheiten platzieren. Tage also, an denen Sie vor allem genügend Zeit haben. Die zweite Schlüsseleinheit setzen Sie in einen Abstand von mindestens zwei bis drei Tagen und füllen Sie den Zwischenraum mit geringeren Anforderungen.

Wechsel der Anforderungen

Der gezielte Wechsel der Anforderungen (Trainingsbelastungen) ist die Voraussetzung für effektive Anpassungserscheinungen. Am Tag vor einer Schlüsseleinheit sollte deshalb ein vorbereitendes Training mit eher geringen Anforderungen durchgeführt werden. Die Trainingseinheit nach einer Schlüsseleinheit bestimmt den Verlauf der Wiederherstellungsprozesse und ist damit ebenfalls ein wichtiges Element im Trainingsablauf.

Tipp 1: ein Ruhetag senkt häufig die mentale und physiologische Bereitschaft zu hohen Belastungen. Die erste Trainingseinheit nach einem Ruhetag sollte deshalb keine Schlüsseleinheit sein, sondern eher vorbereitende Inhalte beinhalten.

Tipp 2: Im Regelfall führen Schlüsseleinheiten mit sehr hoch konzentrierten Belastungen zu einer großen Ermüdung und verzögern den Wiederherstellungsprozess. Innerhalb einer Woche sollten deshalb nie mehr als drei Schlüsseleinheiten platziert werden.

Tipp 3: Schlüsseleinheiten sollten gut überprüfbar sein. Wählen Sie deshalb Methoden, Strecken oder Intervallserien, die Sie objektiv erfassen können. Sei es durch Tempoaufzeichnung, Kraftmessung, Herzfrequenz und in der Kombination mit der zusätzlichen Dokumentation Ihres subjektiven Empfindens.

Fazit:

Sie sehen – der Wortteil Planung im Begriff Trainingsplanung hat seine Berechtigung. Sicher benötigt man für das Erstellen eines Planungsgerüsts etwas Zeit. Doch diese Zeit ist gut investiert. Denn Sie haben dann buchstäblich einen Plan, wie Ihre Saison aussehen wird. Darin befinden sich alle wichtigen Elemente für einen erfolgreichen Sommer und viele wichtige Teilziele auf dem Weg dorthin. Und sie werden sehr schnell spüren, dass das geplante Training viel mehr Spaß macht!

2 Gedanken zu „Blockperiodisierung 2/2: Trainingsperiodisierung in der Praxis

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