Technik: Frequenz-Arbeit für Masters und Triathleten
Wie schnell soll ich ziehen?
Eine Frage des Alters? Eine Frage der Kraft?
Oder einfach die Antwort auf eine Selbstanalyse.
Schnelles Schwimmen kennzeichnet sich durch eine relativ einfache Formel. Kombiniert man eine optimale Frequenz, also die Anzahl der Züge, mit einer optimalen Zuglänge, also dem zurückgelegtem Weg pro Zug, schwimmt man schnell. Doch was sich simpel anhört, ist in der Praxis häufig ganz schwer umsetzbar.
Das fängt mit der individuellen Anatomie des Sportlers an. Wie sind die Verhältnisse von Körperlänge zu den Armen, wie groß sind die Abdruckflächen von Händen und Füssen und wie ist die Proportion aus Gewicht und Körpergröße um nur einige Beispiele zu nennen. Das sind im Wesentlichen gegebene, unveränderliche Merkmale. Und doch ganz entscheidend für die Wahl der Mittel (Klick >> Die optimale Schwimmtechnik)
Alter verändert die Schwimmtechnik
Dazu gesellen sich trainierbare Fähigkeiten wie Beweglichkeit, Stabilität und Kraft. Diese sind jedoch auch abhängig von einem anderen Faktor. Ein Faktor, der sich ganz langsam in das Leben eines Schwimmers schleicht und seine Performance entscheidend verändert: das Alter.
Mit zunehmendem Alter schwinden die Kräfte. Ein Prozent der Maximalkraft verliert der Mensch statistisch ab dem 30. Lebensjahr sofern er nicht vehement dagegen ankämpft. Geht man als Schwimmer davon aus, dass diese Werte nach dem 40. und dem 50. Lebensjahr noch weiter an Dynamik gewinnen, verliert man eine entscheidende Fähigkeit, um schnell schwimmen zu können: die Kraft, explosiv gegen den Wasserdruck zu arbeiten. Das Ergebnis ist bekannt: das Tempo wird geringer und die Zeiten langsamer. Vielleicht kann man aber etwas dagegen tun?
Weiterführende Artikel: Sport in den 20ern, in den 30/40er-Jahren und 50/60/70er-Jahren
Frauen und Männer schwimmen unterschiedlich
Ein Beispiel könnte helfen, das zu erklären. Sieht man sich das Kraulschwimmen der Frauen und Männer im Leistungssport einmal im Vergleich an. So stellt man fest, dass die Frauen tendenziell häufiger ziehen. Die Frequenz liegt bis zu 10% höher als bei den Männern. Die geringeren Kraftwerte (neben einigen anatomischen Faktoren) führen also dazu, verstärkt über ein anderes Leistungssystem zu agieren.
Das ist in etwa so, als wenn Sie mit dem Fahrrad einen Berg hoch fahren. Wählen Sie einen schweren Gang, der Sie pro Pedaltritt enorm nach vorne bringt, verbrauchen Sie viel Kraft und könnten nach wenigen Metern völlig erschöpft am Streckenrand kapitulieren. Schalten Sie dagegen in einen leichten Gang und treten dabei häufiger, kommen Sie vielleicht sogar schneller auf den Gipfel, weil Sie Ihre Fähigkeiten der Situation angepasst besser eingesetzt haben.. Es gibt demzufolge vor allem zwei Systeme, über die Sie Ihre Leistung erbringen: die Kraft und das Herz-Kreislauf-System.
Achtung Triathleten!
Und das ist auch der Grund weshalb Triathleten sehr schlecht beraten sind, sich die Technik der männlichen Spitzenklasse als Vorbild zu nehmen. Zum einen liegen diese Athleten mit einem Wochenpensum von nicht selten mehr als 70 Kilometern pro Woche Welten vom Umfang des Schwimmtrainings bei Triathleten entfernt. Im Zusammenhang der athletischen und sportartspezifischen Ausbildung verfügen diese Athleten über ganz andere Möglichkeiten, Kraft ins Wasser zu bringen. Daraus resultiert eine völlig unterschiedliche Ausgangslage für technische Empfehlungen. Überspitzt formuliert: wer sich als Triathlet die Technik eines Langstreckenschwimmers – und hier wird ja gerne die Diskussion über die Anzahl der Züge eröffnet – als Vorlage der Imitation nimmt, der muss zwangsläufig scheitern. Hier ist ein Blick auf die individuellen Möglichkeiten und die Empfehlung einer passenden Technik (d.h. auch Frequenzwahl) durch einen Experten ratsam.
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Abgesehen von den biochemischen Vorgängen, die die Leistung ebenfalls beeinflussen, können Sie zum Teil selber entscheiden, welchem System Sie den Vorrang einräumen. Meistens erkennen Sie Ihre Eignung aber schon an Ihren Wettkampfergebnissen. Doch wie ist das, wenn die Kraft im Alter schwindet? Welche Maßnahmen kann man ergreifen?
Gang hochschalten
Wenn die Kraft mit zunehmendem Alter schneller an Leistungsfähigkeit verliert als das Herz-Kreislauf-System, so könnte es eine Wahl der Methode sein, den Gang etwas hochzuschalten. Können Sie am Berg die Kurbel nicht mehr treten, schalten Sie ja auch hoch. Machen Sie das im Schwimmen einmal genauso. Schalten Sie etwas hoch und versuchen Sie, die Frequenz moderat zu erhöhen. Eine Untersuchung von Giorgio Gatta aus dem Jahre 2006 zeigt, dass die Zuglänge bis zum 65. Lebensjahr kontinuierlich abnimmt. Ein Zeichen des schleichenden Kraftverlusts. Wer dann bei seiner gewohnten Zugfrequenz bleibt und gleichzeitig an Zuglänge einbüßt, verliert Tempo. Wählen Sie hingegen einen anderen Gang, könnten Sie einem altersbedingten Leistungsrückschritt zumindest eine Gegenwehr anbieten.
Gleiches gilt – wie schon angedeutet – für Triathleten. Technische Defizite, zum Teil nur sehr wenige schwimmspezifische Trainingsjahre und fehlende Kraft in der Schwimmmuskulatur, führen dazu, dass auch hier tendenziell mit einer höheren Frequenz geschwommen werden sollte (sprich mindestens 30 Zyklen/Min.). Für typische Strecken jenseits der 500-Meter, und auf der Langdistanz sogar bis zu 3.8 Kilometer, ist dies aus energetischer Sicht betrachtet, ohnehin die bessere Wahl, als zu versuchen, das Tempo mit hohem Krafteinsatz und (über-)langen Gleitphasen hoch halten zu wollen.
Weiterführender Artikel: Weshalb die Maximalkraft entscheidend ist
Hoch mit der Drehzahl oder ab in den Kraftraum
Wie sich der Mensch im Laufe der Zeit verändert, so ändert sich auch seine Bewegung. Deshalb ist es wichtig, flexibel zu bleiben und an den koordinativen Fähigkeiten zu arbeiten. Passen Sie sich neuen Gegebenheiten an. Oder anders formuliert: Verliert Ihr Motor sukzessive an PS oder besitzt er von vornherein nicht so viel Hubraum wie andere Fahrzeuge, so versuchen Sie einfach die Drehzahl etwas klüger einzusetzen. Alternativ können Sie diesem Vorgang mit einem gezielten Krafttraining entgegenwirken. Versuchen Sie es aus und lassen Sie sich etwas Zeit bei der Umgewöhnung. Im Idealfall betreut Sie ein Trainer dabei, der Ihre Zugfrequenzwerte ermittelt. Und schon geht es vielleicht etwas besser, schneller und länger vorwärts!
Und hier ein Tipps für einen Trainingsplan > Frequenz-Optimierung statt Gleiten“
von Holger Lüning