Training & Wettkampf

Made for swimming? Wie ein Schwimmer gebaut sein sollte, Teil 1/2

Made for swimming

Die Anatomie eines Schwimmers

Ist der Körperbau entscheidend? Und wenn ja, wie sieht er aus? Auf der Suche nach dem schwimmerischen Idealtyp.

Jede Sportart erscheint mit spezifischen Herausforderungen. In der einen Sportart soll weit oder hoch gesprungen werden, in dem anderen Sport steht man einem Gegner direkt gegenüber. In manchen Sportarten erreicht nur diejenigen Höchstleistungen, die eine überdurchschnittliche Reaktionsfähigkeit besitzen, wohingegen andere sportliche Aufgaben darin bestehen, eine Leistung möglichst lange aufrechterhalten zu können. Sie sehen schon, die Liste ist lang, sehr lang. Und wenn man sich die Top-Performer in diesen Bereichen einmal genau ansieht, so erkennt man viele körperliche Gemeinsamkeiten. Der optische Eindruck täuscht Sie nicht. Gehen wir auf Spurensuche.

Schwimmen macht lang?

In früheren Jahren glaubte man beispielsweise, dass man durch regelmäßiges und leistungsorientiertes Schwimmtraining länger werden, also wachsen, würde. Dahinter stand die Beobachtung erfolgreicher Schwimmer, deren Erscheinungsbild immer von einer überdurchschnittlichen Körpergröße geprägt war. Der erste kausale Zusammenhang war: wer schwimmt der wird offenbar länger, da er sich ständig strecken muss. Dass die Umkehr des Zusammenhangs die eigentliche Erklärung war, brauchte etwas Zeit: die erkennbare Anatomie ist schließlich die wesentliche Voraussetzung für überdurchschnittliche und spezifische Leistungen in der jeweiligen Sportart.

Natürliche Selektion im Spitzenbereich? 

Was für den Schwimmsport gültig ist, trifft auch auf andere Sportarten zu. Wissenschaftler hat das zu der überspitzten Theorie hinreißen lassen: „Wenn du in einem olympischen Endlauf stehst, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass du mehr Ähnlichkeit mit deinem Konkurrenten auf der Nebenbahn hast als mit deinem eigenen Bruder!“ Das klingt interessant und bringt uns auf den Kern dieses Artikels. Wie sieht er denn nun aus, der optimale Körper eines Schwimmsportlers? Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen, um strömungsgünstig im Wasser zu liegen? Begleiten Sie uns mit auf die virtuelle Reise und bauen wir den besten Schwimmer der Welt!

Der Albatross

Beginnen wir mit der Größe, einem sehr offensichtlichen Merkmal. Sieht man in die Statistik des Schwimmsports und seiner besten Athleten, so findet man häufig bei den Frauen eine Spanne von 175cm bis 185cm, bei den Männern von 190cm bis knapp über 200cm an. In diesem Größenbereich scheinen Längen- und Hebelverhältnisse recht gut zusammenzupassen. Soweit die Beobachtung der Weltklasseathleten.

Ergänzend kommt eine weitere, sehr individuelle Größe hinzu, der sogenannte Ape-Index. Dieser auch als Affen-Index bezeichnete Wert, beschreibt das Verhältnis von Spannweite der Arme zu Köpergröße. Damit relativiert sich die Körpergröße zur Armhebelwirkung. So zeichnet sich der optimale Schwimmer durch einen Wert aus, der über 1, d.h. zugunsten der Spannweite, liegt. Michael Phelps konnte beispielsweise auf eine Spannweite von 203 Zentimetern bei 191 Zentimeter Körperlänge bauen. Der erfolgreichste Schwimmer Deutschlands, Michael Gross, beeindruckte mit einem Verhältnis von 217 zu 201 Zentimetern. Messen Sie diese Werte bei sich selber aus. Liegen Sie bei einem Verhältnis von 1:1, so sind die Voraussetzungen durchaus gut.

Kurze Beine und lange Oberkörper?

Proportionen beschreiben sehr treffend, worum es im Kern geht und führt uns zum nächsten Punkt in der Konfigurationsliste des besten Schwimmers der Welt. Sowohl Studien an jugendlichen wie auch erwachsenen Top-Schwimmern bestätigen das, was auch augenscheinlich deutlich wird: Schwimmer haben ein breites Kreuz. Die ausladenden Schultern, einerseits durch das intensive Training schon allein muskulär gestärkt, sind offensichtlich Teil der Anthropometrie des schwimmerischen Idealtyps.

Hier geht es zu einer Studie „Körperbau für alle 4 Schwimmlagen im Check“ > KLICK

Und tatsächlich ist der Skelettbau ein naturgegebener Teil, der bereits genetisch festgelegt und damit nur minimal veränderbar ist. Gibt es den geborenen Schwimmer? Man darf diese Frage bejahen, kommen die zahlreichen Studien doch immer zum selben Ergebnis. Ob weiblich oder männlich – ein strömungsgünstiger Körper besitzt tendenziell breite Schulter im Verhältnis zur Beckenbreite. Damit verbessert sich der Auftrieb und folgerichtig optimieren sich dadurch die Widerstandswerte. Da die Wasserdichte ca. achthundertmal höher ist als der Luftwiderstand, wird deutlich, welche Vorteile durch eine strömungsoptimierte Körperform entstehen.

Der Oberkörper als Tragfläche

Und wenn schon die Rede von der Körperform ist, dann fallen die Oberkörper der Schwimmer auf. Hier sieht man flächige Oberkörper, die selbst durch intensives Krafttraining keine rundliche Form annehmen. Somit wirkt der Oberkörper wie eine Tragfläche und wirkt sich zusätzlich als Auftriebshilfe aus. Außerdem erzeugt diese Form weniger Verwirbelungen und ist damit die Voraussetzungen für eine optimale Wasserlage.

Und weil eine große Fläche auch einen entsprechend besseren Auftriebswert produziert, sieht man bei Schwimmsportlern eine weitere interessante Eigenart in der Bauweise: lange Oberkörper im Verhältnis zu tendenziell kurzen Beinen! Schauen Sie sich bei internationalen Wettkämpfen die Figuren doch einmal unter diesen Aspekten an, Sie werden erstaunt sein, wie treffsicher diese Erkenntnisse in der Praxis zu erkennen sind.

Dies ist Teil 1/2 zum Thema „Anatomie eines Schwimmers“ – hier geht es zu Teil 2 > KLICK