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WISSENSCHAFT: Staffelschwimmer sind nicht schneller

Warum schwimmen Staffelschwimmer so häufig schneller als im Einzelrennen? Das haben sich auch einige Wissenschaftler gefragt und haben sich des Themas angenommen. Sie behaupten, einen Mythos entzaubert zu haben.

Die Schwimm-Weltmeisterschaften von Budapest 2017 sind Historie. Besonders die Staffeln gelten immer wieder als Stimmungs-Highlight. Vier Einzelathleten bilden dabei für Ihre Nation auch immer ein Spiegelbild der Leistungsklasse, weshalb die Staffelwettbewerbe durchaus auch sehr prestigeträchtig sind. Doch es gibt noch etwas Bemerkenswertes an diesem Wettkampf: immer wieder schwimmen Athleten in der Staffel wahre Fabelzeiten, die sie im Einzelwettbewerb nicht wiederholen können. Gibt es erklärende Gründe dafür?

Die Reaktionszeit macht noch keinen schnellen Split

Das Erzielen schneller Zeiten liegt zum einen natürlich an dem nicht unerheblichen Zeitvorteil für den Starter, wenn er seinen eigenen Startvorgang direkt am Tempo des herankommenden Schwimmer zeitlich und koordinativ anpassen kann. Dies gilt natürlich nur für die Schwimmer an den Staffelpositionen zwei bis vier. Doch das Entfallen der Reaktionszeit für die Schwimmer ist scheinbar nicht alles, was die hervorragenden Zeiten erklärt. Deutsche Wissenschaftler wollten das genauer wissen und haben sich das Staffelschwimmen einmal genauer angesehen.

Grundlage der Untersuchung war die Analyse der individuellen Zeiten von 166 Eliteschwimmern aus 15 Nationen und über 700 erfasste Rennen, davon 144 Olympische Rennen. Für die untersuchten Staffelschwimmer an den Positionen 2,3 und 4 – da der Startschwimmer ja identische Bedingungen wie in einem Einzelrennen hat – wurde der allgemein anerkannte Startvorteil von 0.73 Sekunden auf die jeweiligen Einzelergebnisse hinzu addiert, um dadurch die Vorteile des „fliegenden Starts“ auszugleichen. Damit sollten die Zeiten mit denen aus dem individuellen Einzelwettkämpfen vergleichbar gemacht werden.

Mutiger angehen als im Einzel

Ein hochsignifikanter Unterschied wurde bei der Ermittlung der jeweiligen Zwischenzeiten festgestellt. Im Vergleich stellten die Wissenschaftler der Universität Saarland nämlich fest, dass sowohl bei den 100m- wie auch den 200m-Rennen in der Staffel eine deutlich schnellere Angangszeit, d.h. die ersten 50 Meter bzw. die ersten 100 Meter, erzielt wurde. Somit kann zwar eine geänderte Renntaktik gegenüber dem individuellen Einzelrennen beobachtet werden. Die Experten des Instituts für Sport und Prävention stellen aber schlussendlich fest, dass die Endzeiten unter Betrachtung des „fliegenden Starts“ und seiner Vorteile in der Staffel nicht schneller sind als in den jeweiligen Einzelrennen der Athleten. Für einige Athleten mit herausragenden Staffelzeiten kann deshalb nur vermutet werden, dass eine mutigere Renneinteilung in der Staffel zu einem individuell besseren Rennen führen kann.

Spektakuläre Einzelfälle von besonders herausragenden Staffelleistungen sind natürlich immer wieder zu beobachten und besonders bei einem Wettbewerb wie den Olympischen Spielen oder einer Weltmeisterschaft von einer faszinierenden Atmosphäre begünstigt. Deshalb darf zu Recht erwartet werden, immer wieder überragende Staffelleistungen sehen zu können, wenn es im Kampf um Medaillen und Platzierungen um Chancen geht, die nur alle zwei bis vier Jahre entstehen.


Von Holger Lüning

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