Wissenschaft

Studie: PAP – die Effekte der Post-Activation-Potentiation

Warm-Up: besser kurz und sehr intensiv?

Wie man sich optimal aktiviert

Ziel der Studie war es, die Effekte eines kurzen aber dafür sehr intensiven Aufwärmprogramms auf die darauf folgenden Schwimmleistung zu überprüfen. So haben frühere Studien gezeigt, wie man beispielsweise Maximalkraft-Belastungen sehr zielgerichtet einsetzen kann, um das Aktionspotenzial an den Synapsen zu verbessern. Einfach gesprochen kann es gelingen, folgende Kontraktionen auf einem höheren Niveau durchzuführen. Besonders im Sprintschwimmen haben Versuche gezeigt, dass dies möglich ist.

Rechts ist Caeleb Dressel beim explosiven Warm-Up zu sehen. Erstaunlich! Ein Screenshot aus seinem Instagram-Account.

Autoren: Hancock, A.P.; Sparks, K.E.; Kullman, E.L.

Erschienen: Journal of Strength and Conditioning Research, 29 (2015), 4, S. 912-917, Lit.

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Fragestellung

Diese Studie untersuchte die Potenzierung nach der Aktivierung (Post-Activation-Potentiation, kurz: PAP) und deren Auswirkung auf die Leistung beim Sprintschwimmen.

Hintergrund

Nach maximaler Muskelkontraktion befinden sich die Muskeln sowohl in einem potenzierten als auch in einem ermüdeten Zustand. Die Ermüdung lässt jedoch schneller nach als die Potenzierung, wodurch sich ein Zeitfenster für eine mögliche Leistungssteigerung ergibt.

Methode

Wir beobachteten 30 Schwimmer (15 Männer und 15 Frauen), die 2 Schwimmversuche in zufälliger Reihenfolge durchführten. Der Kontrollversuch beinhaltete ein Standardschwimmen, gefolgt von einer 6-minütigen Pause und einer maximalen 100-m-Freistilschwimmleistung. Die PAP-Studie umfasste dasselbe Protokoll. Ein PAP-Ladeprotokoll beinhaltete jedoch, dass die Probanden 4 maximale 10-m-Schwimmsprints in einem 1-Minuten-Intervall absolvierten, während sie an einem Widerstands-Power-Rack befestigt waren, welches vor der 6-minütigen Pause abgeschlossen wurde. 50-Meter-Zwischenzeiten und Blutlaktate wurden ebenfalls analysiert.

Ergebnis

Es gab eine signifikante Verbesserung der 100-m-Freistil-Schwimmzeit (0,54 Sekunden) für den PAP-Versuch im Vergleich zum Kontrollversuch (p = 0,029). Sowohl Männer als auch Frauen verbesserten sich während der PAP-Studie im Vergleich zur Kontrollstudie, und es gab keine signifikante geschlechtsspezifische Interaktion. Wir kommen zu dem Schluss, dass PAP die 100-m-Freistil-Leistung bei College-Schwimmern erheblich verbessert und eine gültige Empfehlung für die Leistungssteigerung im Wettbewerb darstellt.

Unsere Meinung

Das Thema der „Post-tetanischen Potenzierung“ ist seit vielen Jahren, ja eigentlich Jahrzehnten, bekannt und wurde in zahlreichen Studien untersucht. Dennoch wird es im Schwimmsport selten angewendet. Für Sportler und Trainer bietet es sich an, dieses Prinzip in einer kleinen Testreihe im Training zu testen, um mögliche Strategien für das Wettkampf-Warm-Up daraus ableiten zu können. Das kann durch spezielle Trainingsformen wie oben erfolgen oder aber auch durch kurze explosive Landübungen mit dem eigenen Körpergewicht und/oder sogar zusätzliche Hanteln und Gewichten.

So führen z.B. explosive Hocksprünge wie sie Caeleb Dressel (USA) direkt vor dem Start durchführt, ebenfalls zu einer Post-Activation, sofern sie darauf ausgerichtet sind, maximal intensiv (also hoch) zu springen. Kein Schwimmer der Welt erreicht die Absprung- und 15m-Werte wie der Weltrekordler über 100m Schmetterling (klick auf das Foto, um das Video unten zu sehen, Sprung bei 2:13 Minuten).

Positive Effekte dürften nach Kenntnisstand der Trainingswissenschaft beschränkt sein auf die kürzeren Schwimmstrecken bis 100 Meter, evtl. noch bis über die 200m-Strecke – bei letzterer aber doch schon mit Abstrichen. Über die 100m-Marke hinaus dürften die Effekte sukzessive verpuffen, da sich das Leistungs- und damit auch Beanspruchungsprofil deutlich ändern und andere Parameter in den Vordergrund rücken. Nichtsdestotrotz ist eine hochintensive Vor-Aktivierung vor Training und Wettkampf eine gute Möglichkeit das sensible neuromuskuläre System auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten und körperlich wie mental leistungsbereit zu sein.

von Holger Lüning