Training & Wettkampf

Schwimmtraining 1.0 vs. 2.0

Schwimmtraining 1.0 vs. 2.0

Neue Tendenzen in der Trainingsmethodik kommen und gehen. Bewährte Konzepte werden aufrechterhalten. Wie wäre es, wenn Sie das Beste aus beiden Welten kombinieren?

Von Holger Lüning

Schneller, höher, weiter – so lautet das Olympische Motto. Im Schwimmsport gesellte sich in den Siebzigerjahren vor allem ein Begriff hinzu, wenn es um außergewöhnliche Leistungen ging: mehr und mehr! Die enorme Steigerung der Trainingsumfänge im Wasser brachte zwar die Leistungen im Spitzenbereich auf ein neues Niveau. Doch wenn ein Langstreckenschwimmer, wie damals üblich, regelmäßig zwischen 15 und 20 Kilometer am Tag abspult, ist die Grenze des Machbaren nicht mehr weit. Der Drang jedoch, immer mehr zu schwimmen hielt noch eine ganze Weile an.

Blickt man heutzutage auf die Vorgaben der Trainer, kristallisiert sich eine ganz andere Fragestellung heraus. Dort wo früher einfach nur viel geschwommen wurde, zielt das heutige Training immer mehr auf die spezifische Leistung ab. Provokativ wird dann auch gerne infrage gestellt, weshalb ein 100-Meter-Sprinter mit Leistungszeiten unterhalb von 60 Sekunden viele Schwimm-Kilometer absolvieren muss. Seitdem die 50 Meter Freistil olympisch geworden sind, liegt die Einstiegszeit für die Sprinter ja sogar knapp über der 20-Sekunden-Marke. Geht der frühere Trainingsansatz deshalb nicht völlig an dem vorbei, was im Wettkampf gefordert ist?

Qualität vs. Quantität

Qualitäts- vs. Quantitätsansatz – geboren aus der Tatsache, Umfänge nicht noch endlich weiter steigern zu können, führte mehr und mehr zum Qualitätsdenken der Trainingsmethodiker.

Romain Barnier, Coach von 50-Meter-Olympiasieger Florent Manaudou, ging sogar noch radikaler an die Fragestellung heran. Überspitzt formuliert, kreierte er die Theorie, dass längere Strecken im Training die Muskelfasern anders forderten als im eigentlichen Wettkampf. Diese Irritation verhinderte er durch die strikte Einhaltung, maximale Streckenlängen auf 400 Meter zu beschränken und diese auch nur als lockeres Schwimmen zur aktiven Erholung einzusetzen. Geboren war eine sehr erfolgreiche Sprinter-Gruppe, die der französischen Equipe so manche internationale Medaille beschert hat.

Haben Sie ein Strategiepapier?

Welche Fähigkeiten benötigen Sie für die optimale Leistung auf Ihrer Spezialstrecke? Haben Sie sich dieser Frage schon einmal in aller Tiefe gewidmet und ein eigenes Strategiepapier daraus entwickelt? Für Sportler, die neben dem Sport noch einem Beruf nachgehen, sollte die Strategie schon allein wegen des permanenten Zeitmangels ganz oben auf der Agenda stehen. Entwerfen Sie doch mal einen detaillierten Rennplan, beginnend vom Besteigen des Startblocks bis zum Anschlag. Sie werden überrascht sein, wie viele Details auf Ihrer Spezialstrecke auf einmal entscheidend sein können. Und plötzlich entwickelt sich ein roter Faden in Ihrem Training, der Sie geradewegs zu einer neuen Bestzeit führen könnte.

Schließlich ist die große Herausforderung in der Umsetzung, die Trainingsmittel zu finden, die der Zielerfüllung dienen. Aus dem folgenden Methoden-Werkzeugkasten können Sie sich bedienen. Er stellt die gängigen Intervall-Trainingsformen vor.

Die Frage, die solche Tabellen immer wieder aufwerfen ist die individuelle Übersetzung der genannten Methoden auf die gewünschten Trainingsziele. Schließlich sind die einzelnen Intervallmethoden immer mit einem mehr oder weniger großen Streckenbereich versehen. Das macht die Methoden für Schwimmer aller Streckenlängen adaptierbar.

In der folgenden Übersicht (Teil 2 am nächsten Donnerstag) finden Sie beispielhafte Intervallserien, die sich daraus für die Sprinter, Mittel- und Langstreckenschwimmer ergeben könnte.