Mindset – so ticken die Besten
Warum Sie unbedingt Buch führen sollten
Die Chance der Leistungssteigerung beginnt mit der Planung
Fortsetzung von Teil 1 „Watching the Stars“ > KLICK
Damit ist die Vorbildwirkung dieser Athleten fast schon ausreichend beschrieben, und zwar für Sportler aller Leistungs- und Altersklassen. Denn ebenso wie in jungen Jahren ist die Prävention vor allem auch in steigenden Altersbereichen die wichtigste aller Trainingsbausteine. Jeder Mastersschwimmer weiß, wie schwer es ist, nach Verletzungen oder gar Operationen auf das vorherige Leistungsniveau zurückzukehren.
Lassen Sie mich das zweite hervorstechende Merkmal beschreiben: das Mind-Set! Auffällig in der Beobachtung ist die grundlegend positive Grundhaltung im Kontext eines Trainings. Dort wo manch einer der Mitbewerber schon aufgrund seiner Körperhaltung zeigt, welche große Last oder gar Unlust auf seiner Schulter lastet, überzeugen die Performer mit einer erkennbaren Trainingslust, dem klaren Fokus.
Schriftliche Abfassung der Ziele wirkt
Mehr als man vielleicht glauben mag, scheint genau diese Eigenschaft einer der leistungslimitierenden Faktoren für Höchstleistung zu sein. Die gute Nachricht ist: sie ist trainierbar! Haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, weshalb Sie diesen Sport betreiben? Und an die jungen Sportler gerichtet: hast du schon einmal schriftlich verfasst, was dich für diesen Sport, für das tägliche Training motiviert? Und noch wichtiger: können Sie und kannst du sofort Auskunft geben, wie dein sportliches Ziel, deine Vision aussieht? Hast du ein konkretes Ziel, ein Bild für Augen für das es sich lohnt, auch mal an weniger guten Tagen – vielleicht sogar morgens, wenn andere noch schlafen – ins Wasser zu springen und das Beste zu geben?
Wer die Spitzensportler beobachtet, der spürt diese Fokussierung und das Streben nach diesem einen, höchst attraktiven Ziel. Ist dieses Ziel fest einprogrammiert und „eintrainiert“ können Sie auch im Krisenfall auf eine starke und feste Komponente zurückgreifen. Verschriften Sie all das, was Sie antreibt und es wird noch werthaltiger. Denn das Schreiben birgt noch eine andere Chance in sich. Da wir kaum noch schreiben, sondern nur noch tippen oder diktieren, spürt das Gehirn bei der ungewohnten Bewegung einer Verschriftung, dass es sich um etwas Besonderes handeln muss. Damit haben Sie die Tore Ihrer Motivationszentren auf heimliche Weise sehr weit geöffnet. Zu wissen, warum man etwas tut, gibt dem Handeln einen Sinn und damit Ihrem Training zugleich mehr Effektivität.
Professionelle Vorbereitung, Fokus, Sinn und der Mut, Neues zu wagen. Damit lässt sich ein weiterer wichtiger Punkt herauskristallisieren. Sieht man sich die Karrieren der Stars an, so stellt man vor allem bei denjenigen fest, die über viele Jahre hinweg Spitzenleistungen produzieren, wie sie immer wieder versuchen, die Spannung aufrechtzuerhalten. Das Leben eines Sportlers sollte ein gutes Drehbuch haben, damit man am eigenen Tun stets das Quäntchen Spannung spürt.
Neue Reize setzen, um Möglichkeiten zu erweitern
Sei es im Training neue Wege zu gehen, sich temporär anderen Teams anzuschließen oder sich regelmäßig mit den Besten der Szene zu messen. Diese Herangehensweise sichert ein ständiges Feedback und damit eine unentbehrliche Handlungshilfe. So gehen einige Sportler den Weg über den Weltcup und eine hohe Anzahl an Wettkämpfen neue Reize zu setzen oder wie es Florian Wellbrock und Gregorio Paltrinieri machen, als Pool-Spezialisten einfach mal die 10-Kilometer-Freiwasser-Elite erfolgreich aufzumischen. Wege und Möglichkeiten gibt es genügend, für Sportler und auch Trainer.
Über die Konsequenzen des Tun und Handelns gelangt man zu einer weiteren Eigenschaft, die die Topsportler eint. Die Fähigkeit, Belastungsschmerzen zu ertragen und die Schmerzschwelle Stück für Stück nach oben zu verschieben, scheint für außergewöhnliche Trainingsleistungen eine enorme Relevanz zu haben. Um es richtig zu beschreiben: hier gilt der Belastungsschmerz, der aufgrund der Trainingsreize ausgelöst wird und nicht zu verwechseln ist mit gesundheitsgefährdendem Schmerz.
Punktuelle Reize setzen
Sieht man sich das Training von Katie Ledecky an, so fällt auf, dass die ganz harten und intensiven Intervallserien nicht, wie häufig, in der ersten Hälfte der Trainingseinheit platziert sind. Vielmehr geht es zum Ende des Trainings noch einmal richtig zur Sache, wenn beispielsweise abschließend 12×50 Meter Beinarbeit mit hohem Tempo geschwommen werden.
Es ist der Mut, auch im Training Momente zu provozieren, welche die Sportler nicht gut aussehen lässt. Oder wie Arnold Schwarzenegger auf die Frage antwortete, welche Wiederholung die wichtigste sei, wenn er das Gewicht, gerade einmal zehnmal zur Hochstrecke bringen könne. Antwort: „Die elfte!“ Oder lassen wir einen Olympiasieger zu Wort kommen. Chad Le Clos, Olympiasieger 2012 von London über 200 Meter Schmetterling, sagt ganz klar: „Du kannst nicht erwarten, dass im Wettkampf etwas passiert, das du nicht vorher im Training geübt hast!“ Jedes Training mit einem wettkampfrelevanten Inhalt zu versehen, ist eines seiner Erfolgsgeheimnisse.
Und nun ist es Zeit für Sie, das Notizbuch aus der Schublade zu ziehen und Ihre sportliche Reise für die nächsten Monate und Jahre zu definieren. Sie werden sehen: jedes Training gewinnt an Bedeutung, macht Spaß – und Sinn. Viel Erfolg!
von Holger Lüning
(Foto: Michael Lapp, snap-pix.de)