Studie: Das Pacing über 800 und 1.500 Meter
Olympische Endläufe und nationale Quali in der genauen Betrachtung
Die Langstreckenbewerbe im Pool sind immer wieder im Fokus der Frage nach der bestmöglichen Rennstrategie. Lohnt es sich, zu Beginn ein relativ hohes Tempo anzuschlagen oder ist die Taktik nach dem Prinzip des „negative split“ also der schnelleren zweiten Hälfte sinnvoller?
Eine Frage, die sich mitunter schon durch den Ablauf der Stoffwechselsysteme beantworten lässt. So benötigt der aerobe Stoffwechsel zum Teil an die 4 Minuten, um eine Art Gleichgewicht (steady-state) herzustellen. Nicht ohne Grund agieren deshalb die besten LangstreckenschwimmerInnen zu Beginn eher defensiv.
Dies könnte auch ein interessanter Hinweis für Triathleten sein, die im Regelfall deutlich zu schnell in das Schwimmen starten. Sie wären womöglich besser beraten, das Rennen – besonders im Hinblick auf das folgenden Radfahren und Laufen – taktisch etwas defensiver, vor allem aber deutlich gleichmäßiger zu gestalten.
Wir blicken in eine Studie und fassen sie kurz und knapp zusammen.
Titel der Studie:
What pacing strategy 800m and 1500m swimmers use?
Autoren: Géssyca Tolomeu de Oliveira, Francisco Zacaron Werneck, Emerson Filipino Coelho, Mário Antônio de Moura Simim, Eduardo Macedo Penna, Renato Melo Ferreira
Erschienen: Revista Brasileira de Cineantropometria e Desempenho Humano, 21 (2020) > Link
Ziel der Studie
Die Pacingstrategie (PS) hat einen entscheidenden Einfluss auf die Leistung, insbesondere bei Langzeitrennen.
Das Ziel dieser Studie ist es, die PS zu charakterisieren, die von den Finalisten der olympischen Qualifikationsrennen der USA, Europas und Brasiliens und den olympischen Finalisten des Jahres 2016 bei Schwimmwettkämpfen über 800 m und 1500 m Freistil verwendet wurde.
Methode und Ergebnisse
Die Zeiten und Splits von 63 Athleten wurden analysiert.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigten, dass Schwimmerinnen über 800 m ähnliche Pacingstrategien genutzt haben. Sie beginnen die ersten 50m mit (29,67 ± 0,88 s), gefolgt von einer Verlangsamung der 50m-Zeit (+1,77 s) und einer weiteren anschließenden Verlangsamung der Zeit (32,04 ± 0,89 s). Am Ende zeigten die Schwimmer eine Beschleunigung, die den 50m-Durchschnitt von auf 31,44 s reduzierte.
Bei den 1500-m-Schwimmern, aufgeteilt in Blöcke mit einem schnelleren Durchschnittsstart (29,25 ± 1,15 s), bei der Hälfte des langsamsten Rennens (30,30 ± 0,76 s) und einer erneuten Beschleunigung am Ende der Strecke (29,92 ± 1,12 s), sowohl bei den nationalen Olympia-Qualifikationen als auch beim Olympischen Finale 2016. Die langsamsten Teilzeiten wurden in der brasilianischen Selektivphase (Olympiaqualifikation) beobachtet (31,11 ± 0,78 s). Der Medaillengewinner kann trotz der Einhaltung des gleichen Rennverlaufs über 800 m (31,52 ± 1,03 s) und 1500 m (29,80 ± 0,78) einen besseren Mittelwert aufrechterhalten.
Schlussfolgerung der Autoren
Wir schließen daraus, dass die parabolisches Pacing-Strategie (schnell-langsamer-schneller) die optimale Strategie für Schwimmer im 800-m- und 1500-m-Freistilschwimmen ist.
Unsere Anmerkung
Was ist Ursache und was ist Wirkung? Diese Frage steht immer im Raum, wenn Studien dieser Art interpretiert werden. Kann es sein, dass die ermittelte Strategie aus der Notwendigkeit und dem Gruppenverhalten resultiert? Oder ist es eine frei gewählte Strategie? Oder handelt es sich sogar um eine Form der Renngestaltung, die durch die Spezifik des Stoffwechsels determiniert ist? Man sieht, es gibt eine Fülle von Fragen. Andere Studien deuten auf eine Regulierung hin, die sich im Gehirn abspielt und zur Mitte eines Rennens die Energie drosselt, um den Rest der zu bewältigenden Aufgabe abzusichern. Diesem Thema werden wir uns noch in einem Beitrag aus der Tipp-Reihe widmen, um Möglichkeiten zu präsentieren, wie man sein eigenes optimales Pacing finden kann. (Holger Lüning)
Im Trainingsplan #22 „Negative Split“ stellen wir einen Plan zur Verfügung, der auf die Verbesserung der Fähigkeiten abzielt, das Rennen auch in der zweiten Hälfte auf hohem Temponiveau zu schwimmen.
Mit einem Klick geht´s zum Plan #22 > KLICK
Und hier noch ein wenig Anschauungsunterricht
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