6 konkrete Trainingstipps bei Zeit- und Platznot
Zeit- und Platz-Not: 6 hilfreiche Tipps
So klappt es dennoch mit effektivem Schwimmtraining
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Ein weiterer Ansatz ist das Training mit deutlich höheren Widerständen als sie im Wasser anzutreffen sind. Da Sie selbst nach dem schnellsten 15-Meter-Sprint noch locker weiterschwimmen können, wird schnell erkennbar wie begrenzt die Möglichkeiten des Wassertrainings sind, die Maximalkraft zu verbessern. Wählen Sie an Land jedoch Widerstände und/oder Gewichte, die nur höchstens zehn bis maximal fünfzehn Mal zu absolvieren sind, dann bringen Sie einen neuen und sehr wirkungsvollen Reiz in das Training ein. Am Ende muss man trotz der allgemeinen Problematik konstatieren: es bieten sich einige Chancen, auch bei Platz- und Zeitnot ein wirkungsvolles Training durchzuführen.
Platznot – Tipp 1: Kurze Strecken mit Overload-Aspekten
Bei Platznot wie auch bei großen Leistungsunterschieden innerhalb einer Trainingsgruppe kann man mit kurzen Intervallen vielen Ansprüchen gerecht werden. Auch wenn der Gesamtumfang vielleicht nicht sehr hoch ist, so kann man die Belastungen doch verhältnismäßig gut steuern. So können Sie für die stärkeren Schwimmer zusätzliche Atemaufgaben integrieren oder das Training mit Widerständen aufpeppen (z.B. T-Shirt, Boardershorts, AquaGym o.ä.), während die tendenziell nicht so schnellen Schwimmern nun gut mithalten können.
Beispielserie:
8x50m
HSA möglichst guter Schnitt mit zusätzlichen Widerständen, Pause: 20 Sekunden oder wenn der letzte Schwimmer angeschlagen hat
Platznot – Tipp 2: Aufteilung Drinnen und Draussen
Training muss nicht zwangsläufig im Wasser stattfinden. Das wissen Sie natürlich. Und doch kann besonders der stete Wechsel zwischen Wasser- und Trockentraining die Einheiten enorm abwechslungsreich machen. Teilen Sie die Trainingsgruppe auf die verschiedenen Stationen auf, um die Platznot auf der Wasserfläche zu entzerren. Schon haben Sie die Möglichkeit, sehr punktuelle Trainingsreize zu platzieren, die sonst vielleicht sogar eher zu wenig beachtet werden. Ein kleines Kräftigungs- oder Athletikprogramm an Land, während der andere Teil der Gruppe im Wasser trainiert, kann alles berücksichtigen, was man benötigt, um ein besserer Schwimmer zu werden.
Beispielserie:
10x50m
25m HSA-Spurt vom Startblock + 25m locker schwimmen, Pause: 30 Sekunden oder bis der letzte Schwimmer angeschlagen hat
Trockenzirkel
3×12 Züge am Zugseil + 3×20 Crunches + 3×12 Liegestütz + 6×1 Strecksprung
Platznot – Tipp 3: Qualität durch anaerobes Wechselschwimmen
Intensive Trainingsmethoden, die im Regelfall von ihrer Wirkung her sehr wettkampfnah orientiert sind, besitzen vor allem ein Charakteristikum: lange Pausen! Dieses Prinzip können Sie sich gerade bei hoher Personenzahl pro Bahn zunutze machen. Während sich ein Teil der Gruppe an Land ausruht oder rücksichtsvoll ausweichend locker schwimmt, ohne die gerade aktiven Schwimmer zu stören, kann der andere Teil seinen Trainingspart abwickeln. Damit können Sie die Intensitäten anheben und auch bei mangelhaften Trainingsmöglichkeiten ein sehr effektives Training realisieren.
Beispielserie:
3x(4x50m)
HSA als Wettkampf-Simulation jeweils vom Startblock mit Zeitnahme und Startkommando in mehreren Gruppen, Pause: 2-3 Minuten
Serienpause: 200m locker schwimmen als aktive Pause
Zeitnot: so geht das dennoch
Zeitnot – Tipp 1: Vorarbeit an Land
Nur 60 Minuten Wassertraining oder sogar noch weniger? Dann liegt Ihre Chance vor allem in der Vorarbeit an Land. Prüfen Sie, ob Sie nicht schon vorher in die Trainingshalle gehen dürfen. Bauen Sie sich einen Athletikzirkel auf, der alle relevanten Muskelgruppen berücksichtigt. So können Sie viele verloren geglaubte Meter mehr als kompensieren. Simulieren Sie bei den Trockenübungen die Belastungszeiten des Wettkampfs oder wählen Sie eine kurze Variante nach dem Muster der hoch-intensiven Intervallmethode (HIT) mit 20 Sekunden Belastungszeit und 10 Sekunden bei acht Wiederholungen. So kommen Sie in wenigen Minuten auf ein sehr anspruchsvolles Programm und können anschließend bestens aufgewärmt das Wassertraining aufnehmen.
Trockentraining nach dem Muster:
4-8x (20 Sekunden Belastung + 10 Sekunden Pause) pro Station, Serienpause: 60-120 Sekunden
Beispielhafte Stationen:
Zugseil, Klimmzug, Liegestütz, Crunches mit Zusatzgewicht, Medizinball prellen,
Zeitnot – Tipp 2: Kurz und hart!
Mitunter ist die Versuchung groß, trotz geringem Zeitbudget einen möglichst hohen Umfang zu realisieren. Generell sollte das auch immer mal wieder der Anspruch sein, um die Grundlagenausdauer einerseits zu entwickeln, andererseits aber auch die Muskulatur zu entspannen. Dazwischen aber können Sie mittels hoher Intensitäten sehr viel erreichen. Da der anaerobe Anteil der Wettkampfstrecken im Regelfall sehr bedeutend ist, können Sie besonders mit kurzen Intervallen von 25 bis 100 Meter Länge eine sehr hohe Effektivität in Ihr Training bringen. Achten Sie auf ein ausreichendes Ausschwimmen, um sich zum Ende hin auch wieder zu entspannen. Davor jedoch kann es richtig zur Sache gehen.
Beispielserien:
4x25m HSA Vmax mit 10 Sekunden Pause
4x50m HSA Vmax mit 10 Sekunden Pause
4x75m HSA, Start alle 4.00 Minuten, dazwischen locker schwimmen
4x100m HSA jeweils maximal schnell, Pause: 4 Minuten als aktive Pause
Zeitnot – Tipp 3: Herausforderungen suchen
Wie wäre es mit einem echten Projekt? Setzen Sie sich doch einmal an den Schreibtisch und konzipieren Sie echte Herausforderungen. Herausforderungen, von denen Sie vielleicht gar nicht wissen, ob Sie sie überhaupt realisieren können. Das könnte eine Serie wie 10×25 Meter Delfin sein oder 30 Minuten Lagenschwimmen am Stück. Sie werden sehen: wenn Sie erst einmal in diese Überlegungen eingetaucht sind, fallen Ihnen viele attraktive Intervallserien ein. Genau die richtige Zutat für das Training unter Zeitnot.
Beispielserien:
8x50m Delfin-Challenge „so viele Meter in Delfin wie möglich“, Pause: beliebig
30 Minuten Lagenschwimmen am Stück
20x50m Overload mit zusätzlichen Widerständen (T-Shirt, kurze Laufhose o.ä.)
Bonus im Sommer
Der Tipp alle: Freiwasserschwimmen!
Und zu guter Letzt gibt es mit dem Beginn des Sommers für Schwimmer aller Leistungs- und Altersklassen eine weitere Alternative: das Freiwasserschwimmen. Selbst wenn sich ein Beckenschwimmer nicht gerne im „undurchsichtigen“ Wasser bewegt, so könnte das Schwimmen ohne Trainingsuhr, Wenden und Starts eine völlig neue Erlebnisdimension eröffnen. Was Freiwasserschwimmer natürlich schon lange wissen: echte Fortbewegung von Ort A nach B zu erleben anstatt sich nach spätestens 50 Metern von einer Wand abzustoßen, bringt auch dem koordinativen Empfinden zusätzliche Impulse und läßt das Schwimmen in einem völlig neuen Licht erstrahlen. Wenn man dafür als Trainingsgruppe einen zusätzlichen Trainingstag in der Woche am See einbauen kann, dann hilft das auch in einem weiteren ganz wesentlichen Punkt weiter: der Entwicklung des Gruppengefühls. Und Tipp für die Trainer: begleitend auf dem Schlauchboot kann das auch richtig Spaß machen!
Unser Tipp für zielgerichtetes Training im Freiwasser
von Holger Lüning