Studie: Die Effekte eines plyometrischen Trainings auf die Schwimmleistung
Weil jeder Abdruck zählt
Die Auswirkungen auf die Start- und Wendentechnik
Die Wirksamkeit des Starts, d.h. des erzeugten Tempos beim Absprung sowie der Weite, beeinflusst die Leistung eines Schwimmers. Dabei variiert der Einfluss auf die Wettkampfleistung mit deren Länge … könnte man meinen.
Doch da, wo es beim Sprint um wenige Hundertstelsekunden geht und die Effektivität eines guten Starts immens wichtig ist, scheint die Lage eindeutig. Wer nach 15 Metern als erster auftaucht und dazu noch die höchste „Breakout“-Geschwindigkeit erzeugt, der ist auch auf den Folgemetern im Vorteil (Klick > die beste Breakout-Technik der Welt). Doch blickt man auf ein 1.500-Meter-Rennen auf der 25m-Bahn, so ergeben sich bei insgesamt 60 zu schwimmenden Bahnen selbst hier viele Möglichkeiten, um mit einer guten Wendentechnik und einem wirkungsvollen Abstoß Zeit zu gewinnen. Insofern besitzt das Thema Relevanz für alle Strecken. Doch nicht nur für den Wettkampf ist dies gültig.
In einem weiteren Beitrag (> KLICK „Warum der Schwimmstart so komplex ist“) beschreiben wir z.B., dass ein Weltklasse-Brustschwimmer bei einem 200m-Rennen auf der 25m-Bahn fast 100 Meter unter der Wasseroberfläche verbringt!
Natürlich gewinnt jedes Training an Effizienz, wenn das Ausgangstempo in die Intervallserien höher ist. Unter Umständen beeinflusst das Ausgangstempo die gesamte Struktur der Tempogestaltung auch im Training – und damit zwangsläufig auch im Wettkampf.
Somit ist das Sprungkrafttraining für Schwimmer eine mehr als gute Möglichkeit, das Schwimmtempo anzuheben. Dabei haben sich Sprungübungen, das sogenannte plyometrische Training, als ideal erwiesen. Hier werden die elastischen Elemente, die einer Sprungbewegung zugrunde liegen, optimal trainiert und gestärkt. Plyometrie selber bedeutet „Schnellkraft“ und deutet auf die Inhalte des Trainings hin.
Kern des Trainings sind Sprungübungen, bei denen es zur Dehnung von Muskeln und Sehnen kommt. So bewirkt das Springen aus geringer Höhe und einem sofortigen Absprung bei Bodenkontakt (Wichtig: ohne dass die Ferse den Boden berührt!) zu einem sogenannten Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ). Somit gibt es viele Varianten, die schnellkräftigen Muskelfasern anzusprechen und somit die Sprungkraft und die Sprungleistung zu verbessern.
In einem Artikel „Übungen zur Verbesserung der Explosivität bei Start und Wende“ (KLICK) finden Sie weitere Ergänzungen zum Thema und Beschreibungen der Übungen wie den Counter-Movement-Jump (CMJ).
Die vorliegende Studie hat sich mit diesem speziellen Training beschäftigt und die Auswirkungen untersucht. Wir fassen sie zusammen.
Autoren: Sammoud, S., Negra, Y., Chaabene, H., Bouguezzi, R., Moran, J. & Granacher, U. (2019).
Studie erschienen im Journal of Sports Science & Medicine, (2019) 18, 805-811. > Link
Titel der Studie:
The Effects of Plyometric Jump Training on Jumping and Swimming Performances in Prepubertal Male Swimmers
Ziel der Studie:
Die Schwimmleistung kann nicht nur durch wassersportspezifisches Training, sondern auch durch Landtraining (z. B. plyometrisches Sprungtraining [PJT]) verbessert werden. Diese Studie untersuchte die Auswirkungen einer 8-wöchigen PJT auf die Muskelkraft und die Schwimmleistung bei präpubertären männlichen Schwimmern.
Methode:
Die Teilnehmer wurden zufällig einer PJT-Gruppe (PJT; n = 14; Alter: 10,3 ± 0,4 Jahre, Laufzeit-Offset = -3 ± 0,3) oder einer Kontrollgruppe (CG; n = 12; Alter: 10,5 ± 0,4 Jahre, Laufzeit) zugeordnet -Offset = -2,8 ± 0,3). Schwimmer in PJT und CG absolvierten 6 Trainingseinheiten pro Woche. Jede Trainingseinheit dauerte zwischen 80 und 90 Minuten.
Während der 8-wöchigen Trainingsperiode in der Saison führte PJT zwei PJT-Sitzungen pro Woche durch, die jeweils 25 bis 30 Minuten (~ 1 Stunde pro Woche) dauerten, um sportspezifische Schwimmübungen zu ersetzen. Während dieser Zeit verfolgte CG ihr regelmäßiges sportspezifisches Schwimmtraining (z. B. Koordination, Atmung, Verbesserung der Schwimmbewegungen).
Das gesamte Trainingsvolumen war zwischen den Gruppen ähnlich.
Vor und nach dem Training wurden Tests durchgeführt, um die Muskelkraft (Counter-Movement-Jump (CMJ), Standweitsprung (SLJ)) und sportspezifische Schwimmleistungen über 15, 25 und 50m zu bewerten (50m Kraul, 25-m-Beinschlag ohne Abstoß (25-m-Beinschlag mit Abstoß und 25-m-Kraul mit Abstoß). Im Verlauf der Studie wurden keine trainings- oder testbedingten Verletzungen festgestellt.
Ergebnisse:
Zwischengruppenanalysen, die aus größenbasierten Schlussfolgerungen abgeleitet wurden, zeigten für alle Tests unbedeutende bis weitreichende Effekte zugunsten von PJT (ES = 0,28 bis 1,43). Gruppeninterne Analysen für den PJT zeigten geringe Leistungsverbesserungen für CMJ-Tests (Effektgröße [ES] = 0,53), 25-m-Beinschlag-WP-Tests (ES = 0,25) und 50-m-Kraul-Tests (ES = 0,56). Moderate Leistungsverbesserungen wurden für die SLJ-, 25-m-Kraul-WP-, 15-m- und 25-m-Kraul-Tests (ES = 0,95, 0,60, 0,99 bzw. 0,85) beobachtet. Bei CG zeigten die gruppeninternen Ergebnisse für den CMJ (ES = -0,13) und den 50-m-Kraul-Test (ES = -0,04) geringfügige Leistungsabfälle.
Darüber hinaus wurden geringfügige Leistungsverbesserungen für den SLJ (ES = 0,09), 25-m-Beinschlag-WP (ES = 0,02), 25-m-Kraul-WP (ES = 0,19) und 25-m-Front-Crawl-WP (ES = 0,19) beobachtet.
Schlussfolgerungen und Fazit der Autoren:
Das in das reguläre Schwimmtraining integrierte kurzfristige PJT in der Saison war effektiver als das reguläre Schwimmtraining allein in Verbesserung der Sprung- und sportspezifischen Schwimmleistungen bei präpubertären männlichen Schwimmern.
Das kurzfristige (d.h. 8 Wochen) plyometrische Sprungtraining, das in der Saison durchgeführt wird, ist sicher und führte zu erheblichen Verbesserungen der Sprung- und Schwimmleistungen bei präpubertären männlichen Schwimmern Schwimmer. Trainer und Sportler sollten das plyometrische Sprungtraining in Betracht ziehen, wenn sie ihre Trainingsstrategien zur Verbesserung der Schwimmleistung präpubertärer männlicher Athleten entwickeln wollen.
Unsere Meinung zum Ergebnis:
Das plyometrische Training zeigt einen positiven Einfluss auf die Schwimmleistung. Wie im einleitenden Teil erwähnt, ist der Einfluss eines guten Absprungs, bzw. Wandabstoß höher als man zunächst vermuten würde. Da diese Trainingsform problemlos in das Training integriert werden kann, zudem keine Folgen hinsichtlich eines Muskelkaters o.ä. erwarten lässt, passt es in jede Trainingsperiode. Sogar im Rahmen eines Aufwärmtrainings direkt am Beckenrand kann effektiv an diesen Parametern gearbeitet werden. Der Zeitaufwand hält sich in Grenzen und kann bestens in die gewohnten Trainingsformen im Rahmen des Warm-Ups eingefügt werden.