Wissenschaft

Studie: Anthropometrische Eigenschaften von 100-Meter-Freistil-Schwimmern

Welche Körperform und welche Proportionen benötigt ein Schwimmer, um Weltklasseleistungen zu erzielen

Vom Affen-Index und anderen Zusammenhängen

Ein Blick in den Spiegel kann schon viel verraten (Link zum Artikel auf DOC SWIM > Klick), denn er lässt bereits viele persönliche Merkmale erkennen, die für eine Sportart prädestinieren – oder auch nicht. Besonders auch letztere Beurteilung kann bereits im frühzeitigen Stadium überzogene Erwartungen  und einhergehende Enttäuschungen in der Leistungsentwicklung erkennen. Genauso lässt sie aber auch – wie im Beispiel Triathlon – eine technische Empfehlung für den Seiteneinsteiger zu. Fest steht: jede Sportart benötigt für Spitzenleistungen einen sehr speziellen Körperbau. Und der ist zu weiten Teilen genetisch determiniert und damit nicht veränderbar.

So ist der Ape-Index, der sogenannte Affen-Index, ein wichtiger Parameter, um die Wirksamkeit der Hebel beurteilen zu können. Er beschreibt das Verhältnis von Spannweite zu Körpergröße und liegt bei Spitzensportlern im Schwimmen immer über 1.0, d.h. die Spannweite überragt die Körpergröße. Beispiel: Michael Phelps, Körpergröße 191cm, Spannweite 203cm (weitere Angaben finden sich im weiterführenden Artikel > KLICK )

Darüber hinaus scheinen weitere Merkmale wie ein flächiger Oberkörper, der offenbar für eine überdurchschnittlich gute Wasserlage verantwortlich ist, von Vorteil zu sein. Die Autoren der folgenden Studie sind diesem Thema nachgegangen und wir haben die Ergebnisse hier zusammengefasst.

Autoren: G. RoziV. ThanopoulosN. GeladasE. Soultanaki and M. Dopsaj

Erschienen: Movement & Sport Sciences – Science & Motricité 2018, 101, 3–7

Fragestellung: Anthropometrische Eigenschaften und physiologische Reaktionen von 100-Meter-Freistil-Schwimmern

Inhalt der Studie:

Die Wirkung der anthropometrischen Merkmale auf die Leistungen war Gegenstand zahlreicher Studien (Reilly, T., Bangsbo, J. & Franks, A. (2000). Anthropometrische und physiologische Prädispositionen für den Elitefußball. Journal of Sports Science, 18 ( 9), 669–683), aber die Leistung hängt auch von verschiedenen physiologischen Parametern ab.

Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die anthropometrischen und physiologischen Variablen zu definieren, die die Leistungszeit von 100 m Freistilschwimmen am besten vorhersagen. 25 wettbewerbsfähige männliche Schwimmer (Alter: 15 ± 1,2 Jahre) nahmen an der Forschung teil.

Die Analyse der schrittweisen Regression ergab, dass die Armspanne der beste Prädiktor – eine zur Vorhersage eines Merkmals herangezogene Variable – für 100-m-Freistil-Schwimmleistung ist (r = 0,835). Die Armspanne erklärt 68,5% der Varianz der abhängigen Variablen (Adj R2: 0,685). Im letzten Modell sind die Variablen, die das 100-m-Freistilschwimmen am besten beschreiben, die Anzahl der Schläge von 100 m Freistilschwimmen, die Trizepshautfalte, Becken- und die Schulterbreite (Adj R2: 0,882). Diese Ergebnisse bestätigen die Bedeutung der anthropometrischen Variablen für die Schwimmleistung und könnten Trainer bei der Auswahl von Hochleistungssportlern unterstützen.

Unsere Zusammenfassung:

Folgende Körpermerkmale, anthropometrische Daten, sind für überdurchschnittliche Schwimmleistungen von Vorteil:

  • Spannweite hoch
  • Schulterbreite hoch
  • Beckenbreite niedrig

Im Zusammenspiel mit der Erfassung der wesentlichen konditionellen Fähigkeiten hinsichtlich einer überragenden Schwimmleistung kann schon früh eine Eignung für den Schwimmsport festgestellt werden. Diese Messungen sollten unbedingt Eingang in die Talentsichtung finden – sofern es denn eine gibt.

Wünschenswert wäre es zudem, Trainer in diesem Bereich auszubilden, um sie zu befähigen, qualifizierte Urteile über die Eignung ihrer Sportler hinsichtlich einer leistungssportlichen Entwicklung geben zu können.

Unser Tipp: Messen Sie doch bei sich selber, bzw. als Trainer bei Ihren Schützlingen, das Verhältnis Spannweite : Körpergröße aus. Das Ergebnis könnte sehr interessant sein!

von Holger Lüning