Training & Wettkampf

Frontquadrant-Technik: die beste Schwimmtechnik? Teil 1/2

Das Frontquadrant-Schwimmen

Vorteile und die besonderen Voraussetzungen

Gibt es DIE schnellste Schwimmtechnik überhaupt? Von der Frontquadrant-Technik weiß man, dass sie Ian Thorpe zu einem der besten Schwimmer der Welt gemacht hat. Könnte sich eine Umstellung für Sie lohnen oder handelt es sich dabei um eine Elite-Technik, die der Australier für sich und seine Fähigkeiten individuell optimiert hat?

Beobachtung vs. Analyse

Immer wieder sind Spitzenathleten das Objekt der Begierde, wenn es um die Suche nach neuen Tendenzen in der jeweiligen Wettkampftechnik einer Sportart geht. Werden von Sportlern, die offensichtlich leichte Änderungen an den gültigen technischen Leitbildern vornehmen, auch noch Rekorde aufgestellt und Medaillen gewonnen, ist man schnell geneigt, von einem neuen Trend zu sprechen. Doch wie immer ist Vorsicht geboten, wenn es um pauschale Empfehlungen geht. Denn im Mittelpunkt der Überlegungen stehen immer das Individuum und die Bewegungsanalyse. Ein besonders interessanter Fall ist das sogenannte Frontquadrant-Schwimmen.

Zusammenhänge erkennen

Unterteilt man die Armbewegung beim Kraulschwimmen in einen vorderen und einen hinteren Teil, sowie zusätzlich in eine Unterwasser- und eine Überwasserbetrachtung, so ergeben sich in der Summe vier Quadranten, die einer in vier gleichmäßige Stücke aufgeteilte Torte ähneln. Die beiden vorderen Quadranten, also die Überwasserphase mit dem Einsetzen des Arms ins Wasser und die danach folgende Zugbewegung sind die Namensgeber dieser Schwimmtechnik.

Von der Frontquadrant-Technik spricht man, wenn sich der nach vorne schwingende Arm beim Einsetzen ins Wasser sowie der Unterwasser befindliche Zugarm in den beiden vorderen Quadranten befinden. Diese koordinative Abfolge unterscheidet sich – scheinbar – von der traditionellen Kraultechnik. Denn hier beginnt der vordere Arm mit der Zugbewegung mehr oder weniger in dem Moment, wo der gegenüberliegende Arm die Druckphase beendet hat und das Wasser verlässt, um in der Rückholphase nach vorne zu schwingen.

Das Ziel: durchgehende Vortriebsaktionen

Der Leitgedanke hinter dieser koordinativen Organisation ist das Streben nach einem regelmäßigen Vortrieb möglichst ohne Unterbrechung der vortriebsrelevanten Aktionen. So sollen Geschwindigkeitsschwankungen, im Regelfall ein auch damit verbundener Tempoabfall, verhindert werden.

Scheinbares Gleiten?

Beim Blick auf die Frontquadrant-Technik hingegen entsteht der Eindruck, als würde der Schwimmer mit dem im Wasser befindlichen Arm so lange in der Stützposition verbleiben, bis der vorschwingende Arm die Schulterlinie passiert hat. So wirkt diese Schwimmtechnik schnell wie ein verlängertes Gleiten, in der extremen Ausführung sogar mitunter fast wie eine Form des Abschlagschwimmens. Jeder Schwimmer, der im Training einmal das Abschlagschwimmen sogar unter Tempoaspekten durchgeführt hat, wird aber bestens wissen, dass ein hohes Tempo auf diese Art und Weise nicht erzeugt werden kann. Täuscht das Bild den Betrachter oder stecken andere Geheimnisse hinter der erfolgreichen Ausführung?

Paradebeispiel Ian Thorpe

Vor allem den australischen Schwimmern der Generation von Ian Thorpe und Grant Hackett wird die Popularität des Frontquadrantschwimmens zugeschrieben. Mit zahlreichen Weltrekorden, Weltmeister- und Olympiamedaillen haben sie den Beweis angetreten, mittels dieser Technik auf ein sehr hohes Niveau kommen zu können. Auch wenn man Zugphasenaufnahmen anderer Spitzenathleten sieht, kann man zu der Schlussfolgerung kommen, diese Schwimmtechnik sei den anderen Technikvorbildern womöglich sogar überlegen. Deshalb ist ein sehr genauer Blick gefragt, um mögliche Geheimnisse zu lüften und die Frage zu klären, ob es auch eine Technik für Sie sein könnte? Denn wer ist nicht auf der Suche nach einem wirkungsvollen Trick, um die eigene Schwimmleistung zu verbessern?

Analyse bringt Erkenntnis

Im Prinzip gibt es in der biomechanischen Analyse in diesem Fall zwei grundsätzliche Betrachtungsweisen. Zunächst gilt die Frage zu klären, ob a) dieses Muster auf beiden Seiten, d.h. bei linkem und rechtem Arm, gleichermaßen erkennbar ist. Die zweite Fragestellung soll aufzeigen, b) welche Fähigkeiten vonnöten sind, um diese Technik gewinnbringend einzusetzen. Und hier zeigen sich interessante Details.

Die Bedeutung des Stützarms

Sieht man sich die Parallelität der Zugbewegungen an, so ist erkennbar, dass die Schwimmer vor allem dann zu einem langen Liegenlassen des Stützarms neigen, wenn sie zur Atmung kommen. Der Atemvorgang ist immer ein störendes Element, wenn es um die optimale und strömungsgünstigste Position im Wasser geht. Das ist auch ein Grund, weshalb die 50-Meter-Sprinter versuchen, ihre Rennen mit möglichst wenig Atemzügen durchzuführen.

Sie tun das nicht, weil sie nicht atmen müssten, sondern weil jede Drehung des Kopfes zu einer Rhythmusänderung einhergehend mit einem leicht steigenden Wasserwiderstand führt. Abgesehen von seiner Notwendigkeit, ist der Atemvorgang biomechanisch betrachtet eine Störung der optimalen Wasserposition. Addierend dazu erzwingt das Seitwärtsdrehen des Kopfes und das Einatmen auch eine zeitliche Verzögerung auf der jeweiligen Seite. Misst man den zeitlichen Aufwand für einen kompletten Zug, so ergibt sich immer ein leichter Unterschied zwischen linkem und rechtem Armzug. In der visuellen Wahrnehmung kann sich deshalb schnell ein falsches Bild einschleichen.

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