Wissenschaft

Studie: Rumpfmuskulatur soll Rotation verhindern statt erzeugen

Die Funktion der Rumpfmuskulatur

Soll die Rumpfmuskulatur die Wasserlage beruhigen?

Jede übermäßige Bewegung eines Gegenstands erhöht den Widerstand. Gehen wir vom Ausdauersport aus, so wird ein sich drehender oder verwindender Körper immer höhere Widerstandswerte (z.B. Luft oder Wasser) erzeugen als ein stabiler Körper.

So ist auch das Thema der Körperrotation im Schwimmsport, speziell im Kraulschwimmen, mit größter Sorgfalt zu betrachten. Bei der Analyse gilt immer die Regel: actio und reactio. Der Analytiker ist demzufolge aufgefordert, den Ursprung – also den Auslöser – einer Bewegung zu erkennen. Nicht selten wird diese Reihenfolge verwechselt und vertauscht, weshalb technische und biomechanische Empfehlungen nicht zutreffend sein könnten.

Deshalb ist die hier vorliegende Studie interessant, die sich exakt mit dieser Reihenfolge beschäftigt und deshalb für die Beurteilung der Frage nach einer aktiven Rumpfbewegung aufschlussreich ist. Hier ist die Zusammenfassung.

Titel der Studie

Is torso twist production the primary role of the torso muscles in front crawl swimming?

Autoren

Andersen, J., Sinclair, P., Fernandes, R. J., Vilas-Boas, J. P. & Sanders, R. (2021)

Erschienen in: Sports Biomechanics, Published online: 2021-05-18.

Inhalt der Studie

Die Rumpfmuskulatur spielt eine wichtige Rolle bei der Längsrotation zwischen dem oberen und unteren Rumpf an Land. Doch die Anforderungen an diese Muskeln bei unterschiedlichen Schwimmgeschwindigkeiten und ihre Rolle bei der Rumpfdrehung beim Kraulschwimmen bleiben unklar.

Unser Ziel war es, die Rumpfmuskelaktivität bei verschiedenen Kraulschwimmen-Geschwindigkeiten zu vergleichen und die Beziehungen zwischen der Rumpfmuskelaktivität und der Rumpfdrehung zu beurteilen.

Methodik

Dreidimensionale Kinematik- und Torsomuskel-EMG-Daten wurden von 15 männlichen Schwimmern während der Mitteldistanz und im Sprint-Kraulschwimmen gesammelt. Die Aktivitäten der inneren schrägen, äußeren schrägen und geraden Bauchmuskeln, aber nicht des m. erector spinae (Muskel zur Aufrichtung der Wirbelsäule), waren im Sprint größer als im Mittelstreckentempo.

Sprintschwimmer werden wahrscheinlich davon profitieren, das Training auf die Bauchmuskulatur zu konzentrieren. Die Kreuzkorrelations-Peakkoeffizienten zwischen Muskelaktivität und Rumpfdrehung traten mit 517-775 und 400-600 ms Verzögerung bei Mittelstrecken- bzw. Sprinttempo auf.

Diese Verzögerungen liegen über der elektromechanischen Verzögerung der Rumpfmuskulatur (~220 ms) und sind zu lang, als dass diese Muskeln Bewegungsänderungen erzeugen könnten.

Darüber hinaus fielen die Spitzenkoeffizienten sowohl mit positiven als auch mit negativen Verschiebungen zusammen, was darauf hindeutet, dass die Muskelaktivität kinematischen Veränderungen nicht immer vorausging.

Fazit der Autoren

Die Rumpfmuskulatur spielt daher wahrscheinlich eine größere Rolle bei der Aufrechterhaltung der Stabilität und der Kontrolle der Körperhaltung beim Kraulschwimmen als bei der aktiven Erzeugung einer Rumpfdrehung.